Logo
Aktuell Energie

Regierung will Einbau digitaler Stromzähler voranbringen

Wie viel Strom verbrauche ich gerade? Und warte ich mit der Wäsche besser, bis die Sonne scheint und der Preis fällt? Solche Fragen sollen sich mit Hilfe intelligenter Stromzähler und neuer Tarife künftig beantworten lassen.

Eine Hand hält ein Smart-Meter-Gateway zur Übertragung der Daten von digitalen Stromzählern. Foto: Markus Scholz/dpa
Eine Hand hält ein Smart-Meter-Gateway zur Übertragung der Daten von digitalen Stromzählern.
Foto: Markus Scholz/dpa

BERLIN. Mit digitalen Stromzählern und flexibleren Tarifen will die Bundesregierung die stärkere Nutzung von Energie aus Wind und Sonne vorantreiben. Einen entsprechenden Gesetzentwurf mit einem Fahrplan und neuen Vorgaben für die Geräte und ihre Nutzung billigte das Kabinett am Mittwoch in Berlin. Nun ist der Bundestag am Zug.

Was Smart Meter sind

Smart Meter sind digitale, vernetzte Messgeräte für Wärme oder Strom, die den Verbrauch automatisch an die Anbieter übertragen. Diese Daten können auch von den Verbrauchern ständig eingesehen werden, etwa auf einer Smartphone-App. Smart Meter sollen Transparenz beim Energieverbrauch herstellen und so Energieeinsparungen erleichtern und für mehr Energieeffizienz sorgen. Da der Markt für die Zähler inzwischen gut entwickelt sei, könnten die Auflagen gelockert werden, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). »Die Geräte, die eingebaut werden können, müssen nicht den letzten Stand der technischen Entwicklung haben. Sie können danach mit einem Update immer weiter fortgeführt werden.«

Dynamische Stromtarife

Bis 2030 sollen mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland mit erneuerbaren Energien bestritten werden. Doch die Produktion von Windräder und Solaranlagen schwankt mit dem Wetter. Deshalb soll der Markt künftig besser das aktuelle Stromangebot widerspiegeln. Ab 2025 sollen alle Stromversorger dynamische Tarife anbieten müssen, bei denen der Strompreis je nach Angebot steigt oder sinkt. Derzeit müssen das nur große Versorger. So können Verbraucher künftig dann mehr Strom nutzen, wenn es günstiger ist - und so gleichzeitig die Versorgung stabilisieren helfen. »Der Verbrauch und die Produktion würden enger zusammenrücken«, sagt Habeck.

Was Verbraucher davon haben sollen

Auch wer seine Haushaltsgeräte ganz traditionell per Knopfdruck steuert, könne von einem intelligenten Stromzähler profitieren, weil er den Preis zu jeder Tageszeit transparent macht, erklärt Thomas Koller vom Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE). Wäsche waschen, saugen oder spülen wäre bei einem dynamischen Stromtarif dann günstiger, wenn der Wind weht und die Sonne scheint.

Verbraucher, die ihre Haushaltsgeräte per App steuern können, könnten zum Beispiel festlegen, dass das E-Auto automatisch erst dann lädt oder die Spülmaschine erst dann startet, wenn der Strompreis unter eine bestimmte Schwelle fällt.

Wer eine Solaranlage auf dem Balkon oder dem Dach hat, habe einen zusätzlichen Vorteil, so Koller. Denn die neuen Zähler registrieren auch, wenn Strom ins Netz eingespeist wird. Die analogen Zähler mit der sich drehenden Zahlenanzeige können hingegen nur den Verbrauch von Strom feststellen. »Da kann ich mir überlegen: Heute regnet es, morgen soll die Sonne scheinen - da mache ich den Wäschetrockner besser morgen an, um den selbst erzeugten Strom zu nutzen.«

Auch indirekt nützen die Pläne Verbrauchern nach Einschätzung des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI). »Mittelbar profitieren alle Verbraucherinnen und Verbraucher davon, dass intelligente Messsysteme die Steuerung der Stromnetze erleichtern«, so der Verband. »Denn das erhöht die Versorgungssicherheit und reduziert die Kosten für den Aus- und Umbau der Stromnetze.«

Die Kosten

»Am Preis soll es nicht scheitern«, meint Habeck. Privatleute und kleine Verbraucher sollen für einen intelligenten Stromzähler künftig nicht mehr als 20 Euro pro Jahr zahlen müssen. Für Haushalte mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen sollen es laut Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) 50 Euro pro Jahr sein. »Die Kosten für den Einbau eines neuen Zählerschranks kommen gegebenenfalls noch hinzu«, erklärt Thomas Engelke, der beim VZBV das Tema Energie und Bauen leitet. Erfolge der Einbau auf Wunsch des Verbrauchers, würen weitere 30 Euro Einbaukosten fällig.

Derweil sollen die Netzbetreiber stärker an den Kosten beteiligt werden. Denn sie profitierten ja auch von kleinteiligen Daten zu Zeit und Ort des Stromverbrauchs, über die sie heute noch nicht verfügten, so das Wirtschaftsministerium. Allerdings dürften sie diese Daten derzeit noch nicht nutzen, um Strom präzise dorthin zu steuern, wo er auch benötigt wird, wie Koller anmerkt - dazu sei noch eine weitere Gesetzesänderung nötig.

Der Datenschutz

Wenn so genaue Daten erhoben werden, wirft das die Frage auf, was damit geschehen soll. Der Datenschutz würde mit den Plänen nicht geschwächt, sondern sogar gestärkt, beteuert Habeck. »Durch differenzierte Vorschriften ist noch einmal klargestellt worden, welche Daten erhoben werden dürfen, welche Daten übermittelt werden dürfen und vor allem, dass sie anonymisiert und gelöscht werden müssen.«

Kritik

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) begrüßt die Pläne zwar, weil Smart Meter ein wichtigen Beitrag zur Energiewende seien, vermisst aber ein schlüssiges Gesamtkonzept. Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, kritisierte, dass jeder Kunde, der das möchte, zeitnah einen intelligenten Zähler erhalten können soll. »Aus Sicht der Energiewirtschaft ist das in der Hochlaufphase ineffizient, weil alle Kundenwünsche vorzuziehen wären, unabhängig von ihrem Nutzen für das Gesamtsystem.« Hier müsse priorisiert werden. (dpa)