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Aktuell Volksverhetzung

Aussagen auf Telegram: Ermittlungen gegen Beamten des Polizeipräsidiums Reutlingen

Von AfD-Rat Hansjörg Schrade gepostete Vergleiche mit Nazi-Regime: Tatverdacht gegen einen Beamten des Polizeipräsidiums Reutlingen.

Polizei
»Polizei« steht auf der Uniform eines Polizisten. Foto: Jens Büttner
»Polizei« steht auf der Uniform eines Polizisten.
Foto: Jens Büttner

REUTLINGEN/TÜBINGEN. Wegen eines Eintrags auf seinem Telegram-Kanal ermittelt die Staatsanwaltschaft Tübingen gegen den AfD-Stadt- und Kreisrat Hansjörg Schrade wegen Volksverhetzung. Inzwischen nicht mehr nur gegen ihn, sondern auch gegen einen tatverdächtigen Polizeibeamten, wie Pressesprecher Nicolaus Wegele auf GEA-Nachfrage bestätigt.

Wie berichtet, hatte Schrade Mitte Februar den Brief eines Reutlinger Polizisten an einen Reutlinger Richter veröffentlicht, in dem dieser die Justiz für ihre einseitige Rechtsprechung in der Corona-Politik kritisiert. Unter anderem soll der Polizeibeamte, der laut Schrade die Einwilligung zur anonymen Veröffentlichung gegeben hat, geschrieben haben, dass sich diejenigen, die nicht Partei für die "Minderheit" (der Ungeimpften) ergreifen, "mitschuldig wie die Mitwisser der Nazi-Verbrechen" machten. Schrade zitiert den Mann mit den Worten: "Jeder in Dachau sah die rauchenden Schornsteine und niemand tat etwas." Und weiter: "Euer Wegschauen ermöglicht den Rückschritt in dunkle Zeiten. Ich kann nicht anders, als euch zu verachten."

LKA ermittelt

Die Zitate wurden Schrade zugeschrieben – irrtümlich, wie der Vorsitzende der AfD-Gemeinderatsfraktion sagt: Er habe den Text des Polizeibeamten nur eingeleitet, die Behauptungen stammten »klar erkennbar« nicht von ihm und würden von ihm auch nicht übernommen oder unterstützt.

Die Staatsanwaltschaft hatte nach der Strafanzeige eines Reutlinger Bürgers zunächst nur gegen Schrade ein Verfahren eingeleitet. Weitere Ermittlungen zu dem zunächst unbekannten Verfasser des fraglichen Briefes führten dann zu dem Beamten des Polizeipräsidiums Reutlingen. Inzwischen hat das Landeskriminalamt den Fall übernommen. Sollte sich der Tatverdacht bestätigen, könnte das für den Polizeibeamten nicht nur strafrechtliche Konsequenzen haben: Das Polizeipräsidium Reutlingen hat gegen den Mann ein Disziplinarverfahren eingeleitet, über dessen Ausgang nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens entschieden wird.

Auch wenn die strafrechtlich relevanten Aussagen – der Vergleich mit dem Nazi-Regime und dem KZ Dachau – nicht von Hansjörg Schrade stammen sollten, ist es laut Wegele »zumindest denkbar«, dass er sich schon mit der Veröffentlichung strafbar gemacht hat. »Es gibt verschiedene Varianten im Tatbestand. Er kann nicht nur dann erfüllt sein, wenn jemand selbst etwas behauptet, sondern auch, wenn jemand die Behauptung verbreitet. Das ist jetzt zu prüfen.« Mit dem Ergebnis sei Mitte April zu rechnen.

Nach Paragraf 130 des Strafgesetzbuches liegt die Strafandrohung für Volksverhetzung bei Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren, bei der Verbreitungsvariante reicht das Spektrum von einer Geldstrafe bis hin zu drei Jahren Freiheitsstrafe.

Nazi-Vergleiche in Zusammenhang mit der Coronapolitik oder Impfpflicht beschäftigen derzeit quer durch die Republik die Justiz. Auch bei der Staatsanwaltschaft Tübingen ist das Verfahren gegen den Reutlinger Stadtrat sowie den Polizeibeamten keineswegs ein Einzelfall, sagt Nicolaus Wegele. (GEA)