Nach einem neuen Gerichtsbeschluss ist der Weg für eine Beobachtung der AfD durch das Bundesamt für Verfassungsschutz frei.
Wie das Verwaltungsgericht Köln am Donnerstag mitteilte, lehnte es einen Eilantrag der AfD gegen die Einstufung als Verdachtsfall ab. Ein sogenannter Hängebeschluss, mit dem das Gericht dem Verfassungsschutz zu einem früheren Zeitpunkt die Einstufung der AfD als Verdachtsfall vorerst untersagt hatte, hat sich damit erledigt. »Es gibt keine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln mehr und auch kein Verfahren aufgrund dessen eine Beobachtung verboten wäre«, sagte ein Gerichtssprecher der Deutschen Presse-Agentur.
Einem zweiten Eilantrag der AfD, der sich dagegen richtete, dass der Verfassungsschutz dem sogenannten Flügel der Partei zu einem früheren Zeitpunkt 7000 Mitglieder zugeordnet hatte, gab das Gericht statt. Bei beiden Eilanträgen entschied das Gericht damit genauso wie in ähnlich gelagerten Verfahren am Dienstag. Gegen die Beschlüsse können die Beteiligten Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.
Am Dienstag hatte das Verwaltungsgericht entschieden, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als Verdachtsfall einstufen darf. Es gebe ausreichende Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Partei, führte das Gericht zur Begründung aus. Zwar sei der sogenannte Flügel formal aufgelöst worden, seine Protagonisten übten aber weiter maßgeblichen Einfluss aus.
Klausurtagung in Thüringen
Die AfD-Bundestagsfraktion ringt bei einer Klausurtagung in Oberhof in Thüringen um ihre Position zum Krieg in der Ukraine.
Teilnehmer berichteten der Deutschen Presse-Agentur von einer intensiven und konstruktiven Debatte über ein gemeinsames Papier. Teilweise werde um jedes Wort gerungen. Ein kontroverses Thema seien Sanktionen gegen Russland.
»Klar gibt es viele Kontroversen«, sagte Stephan Brandner, parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, der dpa. Er sprach sich dafür aus, bei Sanktionen gegen Russland darauf zu achten, wie stark sie Deutschland schaden könnten.
Beobachtung der AfD durch Verfassungsschutz ist Thema
Die AfD tritt seit Jahren für ein enges Verhältnis zu Moskau ein. Es habe sich aber nun die Erkenntnis durchgesetzt, dass man nach dem 24. Februar nicht mehr so reden könne wie davor, sagte ein Teilnehmer der Fraktionsklausur. Es handele sich um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, den man verurteilen müsse.
Beraten wird bei dem Treffen, das noch bis Samstag dauert, auch über die Themen Energiepreise und Corona.
Das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts zur möglichen Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz steht nicht explizit auf der Tagesordnung. Dennoch ist es Gesprächsthema. Hier hieß es von Teilnehmern, keiner sei darüber glücklich. Es habe sich um einen »politischen Scheinprozess, dessen Urteil schon vorher feststand« gehandelt. »Man wird die Begründung noch abwarten und dann in Berufung gehen«.
Brandner zufolge wird sich eine Arbeitsgruppe damit beschäftigen, welche Auswirkungen das Urteil auf die Fraktion hat, etwa auf die Mitarbeiter.
© dpa-infocom, dpa:220310-99-464101/3