REUTLINGEN. Ein Schwerpunkt der Arbeit von Heusel+Siess ist die elektrotechnische Planung von Pflegeheimen und Gesundheitseinrichtungen. Das Reutlinger Ingenieurbüro zählt seit Jahrzehnten die Bruderhaus-Diakonie, Reutlinger Altenhilfe (RAH), Samariterstiftung, PP.rt Klinik, GWG, Kreiskliniken und viele mehr zu seinen Kunden. »Wichtig ist die Kommunikation von Anfang an zwischen den Architekten, den Bauherren und uns«, sagt Udo Siess, der zusammen mit Uwe Steinhaus die Geschicke des Büros leitet. 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfasst das Unternehmen, darunter sechs Projektleiter. »Jeder Einzelne hat seinen Spezialbereich«, so Mitinhaber Steinhaus.
Mit im Boot ist (immer noch, aber in Teilzeit) Peter Heusel, der vor 42 Jahren das Ingenieurbüro mitgegründet hatte. »Ich war vorher angestellt, habe 1981 beschlossen, mich selbständig zu machen«, sagt der »Senior« der Firma. Als er damals das Büro startete, »da wurden alle Pläne noch mit Tusche gezeichnet«, erinnert sich Heusel. Technische Zeichner hießen damals die heutigen Technischen Systemplaner, die – natürlich – seit vielen Jahren alle Planungen am Computer fertigen, konstruieren und festlegen. »Die Gebäudeausstattung in Sachen Elektro- und Datentechnik hat sich in den vergangenen vier Jahrzehnten radikal verändert.« Ebenso wie die Flut der Pläne, die heute jeweils zwischen Ingenieurbüro, Architekten und Bauherren hin und hergeschickt werden.
Sind die Pläne zur Installation von Lampen, Leuchten, Brandmeldern, Steckdosen, Datenleitungen, elektrische Türöffner und noch tausend Dinge mehr entworfen und genehmigt, dann gehen die Elektroinstallateure ans Werk und verlegen, installieren, montieren alles. »In den Plänen ist alles auf den Millimeter genau festgelegt«, betont Büro-Mitinhaber Udo Siess. Leerrohre werden bei Neubauten in den Decken und Wänden verlegt, die Positionen von jedem Deckenlicht genauso festgelegt wie jede einzelne Kabeldose für den Datentransfer. Auch dafür ist die Absprache mit den Bauherren von größter Bedeutung: Wo soll was hin, wo wird was gebraucht. Sind die Leerrohre mal in Beton gegossen, wird es schwierig, Änderungen vorzunehmen.
Veranschaulichen lässt sich all das am Beispiel des neuen Pflegeheims Voller Brunnen: Allein, was in der Großküche an elektrischen Leitungen benötigt wird, übersteigt die Vorstellung jedes Laien. Nicht allein das Licht spielt dort eine eminent wichtige Rolle, sondern auch die Anordnung von Backöfen, Großbratpfannen und -töpfen, für die Starkstrom benötigt wird. Und eigene Trafostationen im Gebäude. »Am 18. Februar vor vier Jahren hatten wir den ersten Kontakt zur Reutlinger Altenhilfe, bis zur Eröffnung vor wenigen Tagen ist vier Jahre geplant und gebaut worden«, so Steinhaus. 90 Kilometer Kabel wurden in dem neuen Gebäude verlegt.
Ganz anders ist das Vorgehen der Projektplaner bei Altbauten – vor allem, wenn der Denkmalschutz auch noch mitredet und Vorgaben macht. In diesen Fällen muss mit der vorhandenen Bausubstanz gearbeitet werden, oftmals ohne jegliche Erlaubnis zur Veränderung. Die Planer stellt das manches Mal vor große Herausforderungen. »Dazu kommen die Vorstellungen der Architekten und der Bauherren, dann noch der Brandschutz – es gibt viele, die da mitreden«, betont Siess. Bei Projekten wie der Sanierung und dem Umbau der Schillerschule in Eningen war das genauso wie beim Hölderlinturm in Tübingen. Oder auch bei einem Kloster in Heiligenbronn.
Allein daraus wird ersichtlich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Heusel+Siess nicht planen können, wie sie wollen. Eine riesige Vielzahl an Vorgaben und Vorschriften muss bei jedem einzelnen Projekt berücksichtigt werden. »Der erste Plan, der erstellt wird, ist aber immer der für den Blitzschutz«, betont Siess. Eine Rolle spiele aber auch immer der Preis: »Natürlich müssen auch wir immer aufs Budget achten«, sagt Steinhaus. »Im Hintergrund ist immer das Preisschild dabei«, ergänzt Udo Siess.
Das Ingenieurbüro steht gut da, viele Stammkunden vor allem aus der Region Reutlingen sind Heusel+Siess seit Jahrzehnten treu. Und dennoch haben die elektrotechnischen Fachleute im Dominohaus in der Lindachstraße Probleme, Nachwuchs zu finden. »Wir bilden seit jeher aus«, sagt Peter Heusel. Dabei ist eine Lehre in dem Ingenieurbüro zum Technischen Systemplaner keine rein theoretische Sache: »Dazu gehört auch ein zweimonatiges Praktikum auf Baustellen«, sagt Udo Siess. Wer die Pläne im Büro entwirft, solle schließlich auch eine Ahnung davon haben, wie die Elektroinstallateure das vor Ort umsetzen müssen. »Das gehört zum Verständnis mit dazu«, sagt Steinhaus.
Weil die Suche nach dem Nachwuchs mittlerweile als ziemlich aussichtslos erscheint, hat sich das Ingenieurbüro etwas Neues überlegt: »Wir versuchen es jetzt mal mit Humor«, sagt Steinhaus und grinst. Er zeigt auf ein Ortsschild, auf dem steht in großen Lettern »The Lähre«. Damit soll künftig in Berufsschulen geworben werden. Oder auch in den sozialen Netzwerken. »Alles andere hat bisher nicht gefruchtet, vielleicht erreichen wir so – in Anlehnung an ‚The Länd‘ – den ein oder anderen Interessenten.«