TÜBINGEN. Der Hermes-Pathfinder (High Energy Rapid Modular Ensemble of Satellites), eine bahnbrechende Konstellation aus sechs CubeSats, wurde am 15. März erfolgreich in die Umlaufbahn gebracht und markiert damit einen wichtigen Meilenstein in der Hochenergie-Astrophysik. Die Mission wird in Italien von der Italienischen Weltraumagentur (ASI) und dem Nationalen Institut für Astrophysik (INAF) geleitet, wobei das Institut für Astronomie und Astrophysik (IAAT) der Universität Tübingen als einziger deutscher Partner beteiligt ist.
Die Hermes-Pathfinder-CubeSats wurden um 7.43 Uhr mitteleuropäischer Zeit an Bord der SpaceX-Transporter-13-Mission von der Vandenberg Space Force Base in Kalifornien gestartet. Dank einer Ion-Release-Plattform des Unternehmens D-Orbit befinden sich die sechs CubeSats nun in einer sonnensynchronen Umlaufbahn mit einer Neigung von 97,44 Grad in etwa 500 bis 520 Kilometer Höhe. Die Satelliten werden nacheinander ausgesetzt – einer pro Tag – beginnend etwa eine Woche nach dem Start.
Für schnelle Analysen
Die Konstellation ist darauf ausgelegt, hochenergetische Ereignisse wie Gammablitze und Magnetar-Flares zu beobachten – seltene, explosive Phänomene, die mit Neutronensternen in Verbindung stehen. Diese Ereignisse gehören zu den gewaltigsten und rätselhaftesten des Universums. Die Hermes-Satelliten werden die wissenschaftliche Gemeinschaft in Echtzeit über interessante hochenergetische Ereignisse informieren, um schnelle Anschlussbeobachtungen und Analysen zu ermöglichen.
Der Hermes-Pathfinder stellt einen bedeutenden Fortschritt in der hochenergetischen Multi-Messenger-Astrophysik und im Einsatz von Nanosatelliten für ambitionierte Weltraummissionen dar. Jeder 3U-CubeSat operiert als Teil eines Triplets, das transiente astronomische Ereignisse aufspüren und lokalisieren kann. Diese Fähigkeit wird die Entdeckung hochenergetischer Phänomene erheblich beschleunigen und ihre Positionsbestimmung deutlich präziser machen.
Professor Andrea Santangelo, Leiter der Hochenergieastrophysik (HEA) in Tübingen, kommentiert: »Diese Satellitenkonstellation markiert den Beginn einer neuen Ära der wissenschaftlichen Beobachtung mit Kleinsatelliten. Man kann sich Hermes wie ein Teleskop vorstellen, das sich über die gesamte Umlaufbahn erstreckt – also fast 14.000 Kilometer Durchmesser. Hermes stellt einen modularen Ansatz für Gamma- und Röntgenstrahlenbeobachtungen dar, der mit zusätzlichen Elementen weiter ausgebaut werden kann und enorme Möglichkeiten für die Hochenergie-Astronomie eröffnet.«
Alejandro Guzman, Missionskoordinator für Hermes am IAAT, erklärt die entscheidende Rolle Tübingens in der Mission: »Wir haben die Bordelektronik entwickelt und die finale Integration sowie die Tests der Satelliten unterstützt – in Zusammenarbeit mit führenden Institutionen in einem großartigen Team. Unser Hauptbeitrag ist die ›Payload Data Handling Unit‹, das ›Gehirn‹ der Mission. Sie erfüllt drei wesentliche Aufgaben: Sie verbindet den Detektor mit dem Satelliten, überwacht den Zustand des Detektors und verarbeitet die Daten vor, um kurzzeitige Phänomene wie Gammablitze bereits an Bord zu erkennen.«
Moderne Ingenieurslösungen
Chris Tenzer, Koordinator für experimentelle Aktivitäten innerhalb der HEA-Gruppe, ergänzt: »Eine präzise Zeitsynchronisation ist entscheidend, um hochenergetische Ereignisse mit hoher Genauigkeit zu lokalisieren. Die Einführung einer Atomuhr im Chip-Format, vorgeschlagen von unserem Elektronik-Spezialisten Samuel Pliego Caballero, ist daher grundlegend für die Fähigkeit von Hermes, als ein gemeinsames Teleskop zu funktionieren. Diese Innovation zeigt, wie moderne Ingenieurslösungen die Möglichkeiten von Nanosatelliten revolutionieren können, und beweist, dass wir mit kleinen, kostengünstigen Plattformen große wissenschaftliche Herausforderungen bewältigen können.«
Doktorand Paul Hedderman spricht über die besondere Bedeutung der Mission für den wissenschaftlichen Nachwuchs: »Hermes bietet eine fantastische Möglichkeit für Studierende, an einer Mission von der Konstruktion bis zum wissenschaftlichen Betrieb mitzuwirken. Es erlaubt uns, an bahnbrechender Forschung teilzunehmen – ohne die übliche Komplexität groß angelegter Missionen. Das ist eine äußerst lohnende Erfahrung.« (eg)