MÜNSINGEN. Sachschaden von mehreren hunderttausend Euro ist beim Brand des Münsinger Jugendzentrums »Canberra 306« im Kirchtal am Donnerstagabend gegen 23.30 Uhr entstanden. Das berichtet die Polizei. Aus bislang unbekannter Ursache geriet der Komplex mit zwei Gebäuden in der Straße Im Badstuhl in Brand. Ein aufmerksamer Passant entdeckte das bereits im Vollbrand stehende Gebäude und verständigte die Feuerwehr. »Die Flammen waren vier bis fünf Meter hoch«, berichtete Christoph Belz, Kommandant der Feuerwehr Münsingen.
Die Freiwillige Feuerwehr Münsingen, die mit den Abteilungen Stadtmitte, Böttingen und Trailfingen mit acht Fahrzeugen und 46 Einsatzkräften vor Ort war, konnte nicht mehr verhindern, dass das Jugendhaus abbrennt. Der Rettungsdienst war mit neun Fahrzeugen und 13 Einsatzkräften vor Ort, dazu kamen Mitarbeiter von Bauhof und den Stadtwerken. Verletzte Personen gab es nicht, das Gebäude war verlassen, als die ersten Flammen emporzüngelten. Das Polizeirevier Münsingen hat die Ermittlungen zur Brandursache aufgenommen.
Es gibt Hinweise darauf, dass das Feuer außerhalb der Gebäude begonnen hat, weit weg von technischen Einrichtungen. Wie die Polizei meldet, sollen sich gegen 20.30 Uhr offenbar noch Jugendliche im Bereich des Jugendhauses aufgehalten haben. Sie werden als mögliche Zeugen gebeten, sich beim Kriminalkommissariat Reutlingen, Telefon 07121 942-3333, oder beim Polizeirevier Münsingen, Telefon 07381 93640, zu melden.
Die Gebäude mussten noch in der Nacht teilweise eingerissen werden, da akute Einsturzgefahr bestand. »Es war schnell klar, dass das Gebäude verloren ist«, sagte Belz. Den Bagger für die Abrissarbeiten habe man nachts »über den kurzen Dienstweg« organisieren können: »Bürgermeister Mike Münzing hat den Besitzer privat angerufen.« Der Bagger hat die Trümmer so weit auseinandergezogen, dass auch kleinere Glutnester gelöscht werden konnten. Am Freitagmorgen war der Brand gelöscht, Brandermittler konnten ihre Arbeit aufnehmen.
Der Brand reißt eine Lücke in das soziale Netz der Stadt. »Das Jugendzentrum war viel mehr als ein Jugendclub«, sagte Bürgermeister Mike Münzing. Es gab Raum für einen offenen Treff, daneben hatte hier auch die Jugendhilfe der Bruderhaus-Diakonie ihren Sitz mit diversen Beratungsangeboten. Sven Graul, Bereichsleiter der Jugendhilfe der Bruderhaus-Diakonie, hat erst im Herbst seinen Sitz aus der Innenstadt dorthin verlegt. Die Stadt sucht nun gemeinsam mit der Jugendhilfe nach Räumen, in denen Graul seine Arbeit fortsetzen kann, die Begegnungsstätte »Karla 5« sei eine Möglichkeit, sagte Münzing.
Das Jugendzentrum besteht seit 1997 und hat sich seither kontinuierlich weiterentwickelt, mit strukturierten Angeboten für junge Menschen, die eher nicht in die Clubs ziehen. Mädchengruppen, Möglichkeiten für junge Migranten bis hin zur Hilfe bei der Berufswahl und dem leidigen Papierkrieg, aber auch das Kickbox-Training mit einem ehemaligen Weltmeister, der im Jugendzentrum groß geworden ist, waren hier zu finden. 50 bis 70 Besucher seien es in der Regel an den Öffnungstagen gewesen, sagt Sven Graul. Für viele Jugendliche ist das Jugendhaus Treffpunkt und Heimat gewesen. Gemeinsam beisammensitzen, reden, tischkickern, Billard, Fußball oder Tischtennis spielen, am Computer zocken und bei allen Fragen und Problemen auf die Mitarbeitenden zuzugehen, das war dort möglich.
Die Jugendlichen fragen ihn nun: »Wo treffen wir uns jetzt?« Graul tröstet sie: »Die Weihnachtsfeier, die wir geplant haben, findet trotzdem statt. Wir treffen uns halt bei den Trümmern, wo früher das Jugendhaus stand. Es wird was Warmes geben.« Sobald die Ersatzräume feststehen, freut sich das Team über Spenden für die Ausstattung, denn außer einer Vitrine voller Pokale für Erfolge im Kickboxen hat Graul nichts retten können. (pol/GEA)