BERLIN. Endlich soll es soweit sein: Die Bundesregierung will die Reisewarnung für viele beliebte Urlaubsländer der Deutschen in Europa aufheben. Was das für Reisende nun bedeutet:
Was habe ich als Pauschalurlauber davon?
Grundsätzlich gilt: Wenn die Reisewarnung für das Land meiner Wahl aufgehoben ist, bieten Reiseveranstalter meist auch wieder Pauschalreisen dorthin an - es sei denn, andere außergewöhnliche Umstände beeinträchtigen eine Reise dennoch erheblich. »Müssen Sie zum Beispiel unmittelbar nach dem Ausstieg aus dem Flieger vorsorglich eine 14-tägige Quarantäne oder dergleichen antreten, dürfte der Urlaub erheblich beeinträchtigt sein«, sagt die Juristin Sabine Fischer-Volk von der Kanzlei Karimi in Berlin.
Am 15. Juni will die Bundesregierung die Reisewarnung für 29 europäische Länder aufheben und durch Reisehinweise ersetzen. Da in Norwegen und Spanien noch über den 15. Juni hinaus Einreisesperren wegen der Corona-Pandemie gelten, verzögert sich für diese beiden Länder die Aufhebung der Reisewarnung. Spanien soll aber schon am 21. Juni folgen.
Für Urlauber geht es nicht unbedingt gleich am jeweiligen Stichtag ins Ausland: Schauinsland Reisen etwa will erst ab 26. Juni generell wieder Flugreisen anbieten, Alltours ab 25. Juni.
Kann ich meine Reise trotzdem absagen?
Wenn Urlauber ihre Reise mit Beginn nach Mitte Juni in eines der 29 ausgewählten Länder aus Sorge vor Corona trotzdem nicht antreten wollen, müssen sie nun womöglich Stornokosten zahlen. Es besteht nur ein Recht auf gebührenfreien Rücktritt von der Reise, wenn diese wegen außergewöhnlicher Umstände erheblich beeinträchtigt ist. Das kann im jeweiligen Land allerdings durchaus weiterhin so sein.
»Eine Reisewarnung ist zwar ein starkes Indiz dafür, aber es können auch andere erhebliche Umstände im Zusammenhang mit der Durchführung der Reise vorliegen, die zu einer kostenfreien Stornierung berechtigen«, erläutert Fischer-Volk. Das gelte etwa bei einer gravierenden Änderung der Reiseroute oder wenn vormals gebuchte Hotels, Sehenswürdigkeiten oder Veranstaltungen aus dem Programm geflogen sind. Hier kommt es auf den Einzelfall an.
So wird es wohl auch darauf ankommen, wie genau die Reisehinweise für die einzelnen Länder ausfallen werden. Finden sich darin Aussagen, die auf außergewöhnliche Umstände schließen lassen, könnte ein kostenloser Reiserücktritt weiter möglich sein. »In diesem Zusammenhang sind stets die gebuchten Reiseinhalte und die aktuellen Gegebenheiten vor Ort zu bewerten«, so die Reiserechts-Expertin.
Was für Rechte habe ich, wenn auf der Reise Probleme auftreten?
Wegen der Corona-Pandemie ist es im Sommer wohl immer möglich, dass ein Urlaub nicht so reibungslos verläuft wie zu normalen Zeiten. Pauschalreisende haben umfassende Rechte, wenn vom Veranstalter versprochene Leistungen nicht erbracht werden. Bei Reisemängeln lässt sich ein Teil des Geldes zurückfordern - die Höhe hängt mit der Schwere des Mangels zusammen. Wichtig: Mängelansprüche bestehen laut Fischer-Volk auch ohne ein Verschulden des Veranstalters. Daher könnten sich diese hier nicht mit Verweis auf Corona herausreden.
Kann ich auch schon vor dem 15. Juni ins Ausland?
Eine Reisewarnung ist kein Reiseverbot, sondern lediglich eine Empfehlung des Auswärtigen Amtes. Das heißt: Individualtouristen können bereits vor dem 15. Juni ins Ausland starten, sofern Transport und Einreise ins jeweilige Land möglich sind. Ob man dieses Risiko eingehen möchte, bleibt jedem selbst überlassen.
Was gilt für die übrigen Länder der Welt?
Solange für einen Staat weiterhin eine Reisewarnung besteht, werden Veranstalter keine Reisen dorthin anbieten. Das schließt - nach derzeitigen Plänen - vorerst wohl auch beliebte Urlaubsländer wie Ägypten, Tunesien und die USA ein. Wann Reisen in diese Länder wieder möglich sein werden, ist bislang schwer absehbar. Reisende sollten stets die Sicherheitshinweise und Einreisebestimmungen auf der Webseite des Auswärtigen Amtes prüfen.
Bringt mich das Auswärtige Amt im Zweifel zurück?
Darauf können sich Urlauber keineswegs verlassen, sollte sich die Pandemie noch einmal verschlimmern. Die erste große Rückholaktion war ein Kraftakt, der sich nicht wiederholen wird. Das machte die Bundesregierung deutlich. Übrigens: Die Rückkehrer müssen sich durchaus an den Kosten der Flüge beteiligen.
Hilft mir eine Reiserücktrittsversicherung bei Corona?
Die Versicherung zahlt Stornogebühren, wenn die oder der Versicherte selbst unerwartet krank wird oder durch Ereignisse wie den Tod von Verwandten, Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit verhindert ist. Sie greift nicht bei Krisen im Reiseland, also etwa einem möglichen erneuten »Lockdown« im Urlaubsland. Auch zahlt sie nicht, wenn Urlauber aus reiner Angst den Reisevertrag kündigen.
Laut Bund der Versicherten ist eine behördlich angeordnete Quarantäne in Deutschland wegen Corona-Verdachts kein Versicherungsfall, wohl aber kann es die nachweisliche Infektion sein. Doch selbst dann ist nicht gesagt, dass die Versicherung zahlt. Manche Anbieter haben die Pandemie-Folgen in den Versicherungsbedingungen ausgeschlossen. (dpa)