REUTLINGEN. Nach der Aufstellung der Landesliste für die Bundestagswahl setzen die baden-württembergischen Grünen am Sonntag (ab 9.30 Uhr) ihren Parteitag in Reutlingen fort. Auf dem Programm steht eine Rede von Ministerpräsident Winfried Kretschmann zur aktuellen politischen Lage. Am Samstag hatte die Partei die neue Co-Bundesvorsitzende Franziska Brantner und ihre Vorgängerin im Amt der Parteichefin, Ricarda Lang, mit großer Mehrheit zum Spitzenduo gewählt. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte erneut gesagt, er wolle bei der Landtagswahl im Frühjahr 2026 für das Amt des Ministerpräsidenten antreten. Außerdem schoss er scharf gegen BSW, AfD und CSU.
Team Putin darf keine Verantwortung bekommen
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) ist die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) scharf angegangen. Wer im Team Putin spiele, dürfe in einer Bundesregierung nicht auch nur in die Nähe von Verantwortung kommen, sagte Özdemir beim Landesparteitag der baden-württembergischen Grünen in Reutlingen.
»Wenn es nach Bündnis 90/Die Grünen geht, ist klar, wer sicherlich in diesem Land nichts zu sagen haben darf«, sagte Özdemir. Die Bundestagswahl im Februar würde nun darüber entscheiden, ob AfD und BSW künftig im Bund etwas zu sagen haben.
Nächster Verkehrsminister darf nicht von CSU kommen
Aus Sicht von Özdemir darf die CSU nach der Bundestagswahl nicht den Verkehrsminister stellen. Im nächsten Bundeskabinett dürfe kein Verkehrsminister der CSU sitzen, sagte Özdemir beim Landesparteitag.
»Leistungsloses Geld für die liebe CSU, indem man Scheuer zum Verkehrsminister macht, der das Geld anderer Leute, die hart dafür arbeiten müssen, zum Fenster rauswirft wie bei der Maut – das muss ein Ende haben«, sagte Özdemir. Man werde dafür Sorgen, dass das nicht wieder vorkomme. Der CSU-Politiker Andreas Scheuer war von 2018 bis 2021 Bundesverkehrsminister.
Der CSU-Vorsitzende Markus Söder hatte einem Bündnis mit den Grünen nach der Bundestagswahl mehrfach eine kategorische Absage erteilt und greift immer wieder Grünen-Spitzenmann Robert Habeck scharf an.
Mehr Entscheidungsraum für Verwaltungen
In der Debatte um den Abbau überbordender Bürokratie fordert der Bundeslandwirtschaftsminister mehr Spielraum für die Verwaltungen. »Gebt den Mitarbeitern mehr Entscheidungsfreiheit«, sagte Özdemir in Reutlingen.
Seine Erfahrung sei, dass oft nicht die geschriebenen Regeln, sondern die ungeschriebenen die Prozesse verlangsamten. Man habe sich in Deutschland in einer »Absicherungsmentalität« bequem eingerichtet, kritisierte Özdemir, der bei der nächsten Landtagswahl im Frühjahr 2026 als Spitzenkandidat der Grünen für die Nachfolge von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) antreten will.
CDU-Landeschef Manuel Hagel, der vermutlich bei der Landtagswahl der Gegenkandidat von Özdemir wird, hatte jüngst einen Abbau von Verwaltungsebenen gefordert. Bei einer Veranstaltung der »Süddeutschen Zeitung« in Stuttgart monierte er, dass es in Baden-Württemberg zu viele Verwaltungsebenen gebe von den Bürgern bis zum Land – nämlich fünf: die Gemeinden, die Landkreise, die Regionalverbände, die Regierungspräsidien und das Land mit den Landesoberbehörden.
Dadurch werde im Durchschnitt jeder dritte Verwaltungsvorgang mindestens zweimal auf die gleiche Weise bearbeitet, hieß es von Hagel. »Ich finde, da können mindestens zwei weg.«
Özdemir will Zeitalter der Investitionen einläuten
Von den demokratischen Parteien fordert Özdemir mehr Kompromissbereitschaft. Die demokratischen Kräfte müssten bereit zur Selbstkorrektur und zu einem übergreifenden Reformkonsens sein. Es brauche ein Zeitalter der Investitionen. Dafür muss sich aus Özdemirs Sicht auch seine eigene Partei bewegen. »Für uns Grüne heißt das beispielsweise, dass wir mehr Offenheit zeigen für Marktanreize und über Preissignale zu arbeiten«, sagte Özdemir. Als Beispiel nannte Özdemir den Emissionshandel.
Özdemir rief die SPD auf, sich davon zu lösen, Herausforderungen nur mit »Transfer-Sozialpolitik« lösen zu wollen. »Der Wohlstand muss erstmal hart erarbeitet werden, bevor er verteilt wird«, sagte Özdemir. An die Adresse der CDU sagte er: »Es muss euch doch kein Zacken aus der Krone fallen, wenn wir die Schuldenbremse endlich so weiterentwickeln, dass wir wieder mehr Investitionen stemmen können.« (dpa)