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Italien besiegt Spanien: Triumph der Unbezwingbaren

Morata und Olmo werden im Elfmeterschießen zu tragischen Helden. Squadra Azzurra im Finale

Italien feiert nach dem Sieg gegen Spanien den Einzug ins EM-Finale.  FOTO: TALLIS/DPA
Italien feiert nach dem Sieg gegen Spanien den Einzug ins EM-Finale. FOTO: TALLIS/DPA
Italien feiert nach dem Sieg gegen Spanien den Einzug ins EM-Finale. FOTO: TALLIS/DPA

LONDON. Eine Stunde war vorbei, als der Beton des Wembley-Stadions bebte. Italiens Fans, die klar in der Überzahl waren beim ersten EM-Halbfinale gegen Spanien, bejubelten das 1:0 durch Federico Chiesa – und damit auch die Entscheidung. Das dachten sie jedenfalls. Zehn Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit allerdings gelang Spanien der Ausgleich durch Álvaro Morata. Ausgerechnet durch Morata, muss man sagen. Der viel kritisierte Stürmer hatte zunächst nur auf der Bank gesessen. Nach 90 packenden Minuten und jeweils einem Tor auf beiden Seiten kam, was kommen musste: Verlängerung und Elfmeterschießen. In der Lotterie vom Punkt gewannen die Italiener 4:2 und sicherten sich einen Platz im Endspiel am Sonntag gegen Dänemark oder England, ebenfalls in Wembley. Unglücksraben bei Spanien mit ihren vergebenen Elfmetern: der Leipziger Dani Olmo – und Morata. »Es fühlt sich wunderbar an. Wir haben gelitten, aber wir haben es nach Hause gebracht«, meinte Jorginho, der den entscheidenden Elfmeter verwandelte.

Zwischen den beiden Mannschaften mit dem meisten Ballbesitz bei der EM entwickelte sich in der Abendsonne von London von Beginn an ein furioses Spiel. Die Italiener flogen aus den Startblöcken und kamen schon in der vierten Minute zum ersten Mal gefährlich vor das Tor. Nach einem Pass von Emerson, der den verletzten Leonardo Spinazzola auf der linken Abwehrseite vertrat, erreichte Nicoló Barella vor Spaniens zögerndem Torwart Unai Simón den Ball und traf aus spitzem Winkel den Pfosten. Zwar entschied der deutsche Schiedsrichter Felix Brych auf Abseits. Doch der Auftakt zu einer Veranstaltung mit viel Tempo war gesetzt.

Spanien näherte sich nach einer knappen Viertelstunde zum ersten Mal dem Tor, als Mikel Oyarzabal den Ball nach einem Pass von Pedri in hervorragender Position verstolperte. Die Italiener hatten ihre größte Gelegenheit der ersten Halbzeit in der 21. Minute. Wieder war Simón unentschlossen von seiner Linie gekommen. Emerson passte in die Mitte, das Tor war leer – doch Ciro Immobile und Lorenzo Insigne ließen sich zu viel Zeit. Die Spanier kamen in der 25. Minute zu ihrer besten Möglichkeit vor dem Wechsel, und zwar durch Olmo. Sein Versuch wurde von Leonardo Bonucci geblockt, den Nachschuss parierte Italiens Torwart Gianluigi Donnarumma.

Zu der beschwingten Veranstaltung auf dem Platz trug die Stimmung auf den Rängen bei. Fast 60 000 Menschen waren im Wembley-Stadion, angeblich alle im Vereinigten Königreich lebend, doppelt geimpft oder negativ getestet. Die italienische Mehrheit sang die Hymne donnernd mit und sprang bei jeder guten Aktion ihrer Mannschaft aus den Sitzen. Auch Spaniens Zuschauer machten sich allerdings immer wieder bemerkbar. Die Furcht, dass die Partie einen zu englischen Anstrich bekommen würde, zerschlug sich, als aus einer Ecke von Wembley »Football’s Coming Home« klang – und vom Rest des Publikums nieder gebuht wurde.

Die Spanier hatten wie gewohnt mehr Ballbesitz und hätten diesen in der 52. Minute fast genutzt, als ein Schuss von Sergio Busquets über die Latte strich. Doch es war Italien, das den ersten Donnerschlag der Partie setzte mit dem 1:0 in der 60. Minute. Nach einem Konter blockte Spaniens Innenverteidiger Aymeric Laporte den Ball an der Strafraum-Kante unglücklich. Chiesa nahm den Abpraller auf und verwertete ihn mit einem hübschen Schlenzer ins rechte Eck. Spaniens Trainer Enrique brachte danach den verschmähten Morata – und musste in der 65. Minute mit ansehen, wie Oyarzabal die große Chance zum Ausgleich vergab. Er verpasste den Ball in der Mitte nach einer Flanke um Millimeter. Morata war in der 80. Minute genauer. Er spielte Doppelpass mit Olmo und traf mit seinem dritten Turniertor zum 1:1.

Bei Beginn der Verlängerung war die Abendsonne der Dunkelheit gewichen und das Spiel wurde dramatisch. Spanien drängte auf den Siegtreffer, die Italiener verteidigten leidenschaftlich – und jubelten in der 110. Minute, allerdings nur kurz. Der Treffer von Domenico Berardi zählte wegen Abseits nicht. Und so fand die packende Partie ihren schicksalhaften Schlusspunkt im Elfmeterschießen, in dem die Unbezwingbaren triumphierten. (GEA)

SPIELSTATISTIK

Italien – Spanien 4:2 i.E. (1.1, 1:1, 0:0)

Italien:

Donnarumma – Di Lorenzo, Bonucci, Chiellini, Emerson (74. Tolói) – Barella (85. Locatelli), Jorginho, Verratti (74. Pessina) – Chiesa (107. Bernardeschi), Immobile (61. Berardi), L. Insigne (85. Belotti)

Spanien:

Simon – Azpilicueta (85. M. Llorente), E. Garcia (109. P. Torres), Laporte, Jordi Alba – Koke (70. Rodri), Busquets (106. Thiago), Pedri – F. Torres (62. Morata), Olmo, Oyarzabal (70. Moreno)

Tore:

1:0 Chiesa (60.), 1:1 Morata (80.) –

Schiedsrichter:

Brych (München) –

Zuschauer:

57 811 –

Elfmeterschießen:

Simon (Spanien) hält Elfmeter von Locatelli, Olmo (Spanien) schießt über das Tor, 1:0 Belotti, 1:1 Gerard, 2:1 Bonucci, 2:2 Thiago, 3:2 Bernardeschi, Donnarumma (Italien) hält Elfmeter von Morata, 4:2 Jorginho