REUTLINGEN. »Italia, Italia, Italia«, schallte es weit nach Mitternacht durch Reutlingen. Die hiesigen Tifosi feierten den EM-Titel nach dem 3:2-Sieg ihrer Mannschaft gegen England ausgelassen und friedlich im Zentrum der Achalmstadt. Schon wenige Sekunden nachdem Italiens Torwart Gianluigi Donnaruma den entscheidenden Elfmeter in London gehalten hatte, war das Hupkonzert des Autokorsos zu hören, der Richtung Karlstraße steuerte. Dort bevölkerten schnell Hunderte Italien-Fans die Hauptverkehrsader Reutlingens.
Auf beiden Seiten der Karlstraße und auf der Mittelinsel war rasch fast kein Durchkommen mehr, so dicht gedrängt feierten die Fans fröhlich – bengalische Feuer waren zunächst keine zu sehen, nur vereinzelte Böllerschüsse zu hören. Unter den Anhängern, die Italien-Flaggen in allen Größen schwenkten, stachen vier Männer besonders heraus. Sie hatten eine übergroße EM-Trophäe gebastelt und trugen sie auf einer Sänfte durch die feiernde Menge – immer begleitet von zahlreichen Smartphone-Filmern.
Immer wieder versuchten die italienischen Fans die Karlstraße komplett für sich einzunehmen, doch immer wieder wurden sie von der Polizei zurückgedrängt. Als die Reutlinger Tifosi merkten, dass die Karlstraße als Party-Location nicht zu erobern war, zogen sie weiter Richtung Marktplatz. Mit »Italia«-Sprechchören und Fahnen-schwenkend machte sich die Menge auf den Weg. Zwischenzeitlich stimmten sie den Schlager-Klassiker »Lasciate Mi Cantare« von Adriano Celentano an.
Noch während die italienischen Fans auf dem Weg ins Zentrum der Altstadt waren, erkletterten die ersten Tifosi den Maximiliansbrunnen auf dem Marktplatz und dekorierten ihn in den italienischen Nationalfarben. Die Statue von Kaiser Maximilian bekam eine Blumenkette in Grün, Weiß und Rot um den Hals gehängt sowie eine Nationalflagge auf den Rücken gebunden. Als sich die Menge um den Brunnen immer größer wurde, sangen die Anhänger der Squadra Azzurra die Nationalhymne mit solch einer Inbrunst wie zuvor die Spieler im Londoner Wembleystadtion. So richtig startete die Party dann, als die vier jungen Männer mit ihrem selbst gebastelte EM-Pokal den Marktplatz erreichten. Auch nachdem sich die meisten Italien-Fans auf den Heimweg gemacht hatten, waren auch tief in der Nacht vereinzelt »Italia«-Sprechchöre zu hören.
Auch in Mössingen herrschte Ausnahmezustand. In der zentral gelegenen Bahnhofstraße blockierten die hiesigen Tifosi zeitweise einen Zebrastreifen. Ein Autokorso drehte im Kreisverkehr seine Runden. (GEA)