REUTLINGEN. Wer ins Management Cockpit der Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Reutlingen tritt, hat schnell das Gefühl, in der Kommandozentrale eines internationalen Konzerns zu stehen. Auf den großen Monitoren werden alle wesentlichen Fakten dargestellt: Umsätze, Personalkosten, Investitionen, Marketing, Gewinn. Hier lernen die Studierenden, wie man ein Unternehmen managt, wirtschaftliche Entscheidungen trifft und welche Auswirkungen diese haben – etwa, wenn die Personalkosten oder der Forschungsetat eines Unternehmens gekürzt werden. Doch das Management Cockpit ist mehr als ein Unternehmens-Simulator.
Es ist gleichzeitig auch ein IT-Projekt, in dem die Studierenden die Software und IT-Anwendungen selbst entwickeln und damit ein Beispiel, wie sich Wirtschaft und Informatik in diesem Studiengang verbinden. »Beim Start 2008 ging es uns darum, die Top-Kennzahlen eines Unternehmens live auf mehreren großen Monitoren darzustellen. Alles sollte aus einem Raum steuerbar sein, ähnlich wie in einem Flugzeugcockpit. Wirtschaftlich ausgedrückt eine digitale Balanced Scorecard«, so Prof. Armin Roth.
Eng an den Bedürfnissen
Wie eng Roth und die Studierenden mit ihrer Entwicklung an den Bedürfnissen des Marktes forschten, zeigte sich bereits zwei Jahre später. Auf der Cebit 2010 (Messe für Informationstechnik) stellte der SAP-Konzern das Management Cockpit aus. Ein Jahr später präsentierte es der Vorstand des Daimler-Konzerns auf einer Konferenz zur Zukunft des Managements in Brüssel, neben den Konzepten von Google und Microsoft.
»Alles sollte aus einem Raum steuerbar sein, ähnlich wie in einem Flugzeugcockpit«
Ausgeruht hat sich die Wirtschaftsinformatik in Reutlingen auf diesem Erfolg aber nicht. Um am Puls der Zeit zu bleiben, gab es seit dem Start jedes Jahr mindestens ein Update. 2013 wurde das Management Cockpit durch ein Social Media Monitoring ergänzt, zwei Jahre später folgte eine Gesten- und Sprachsteuerung. Während der Corona-Krise zeigte sich dann einmal mehr, wie topaktuell die Forschungsthemen der Wirtschaftsinformatik waren. »Mit dem Creative Space für interaktive Brain-Storming-Meetings haben wir 2019 schon etwas entwickelt, was später während der Pandemie als Zoom oder Teams Meeting zur Standardkommunikation wurde. Die Microsoft HoloLens ermöglichte zudem eine Mixed-Reality Wahrnehmung, die den Benutzerinnen und Benutzern erlaubt, interaktive 3D-Projektionen in der realen direkten Umgebung zu sehen«, erklärt Roth.
Im nächsten Update des Management Cockpits wollen Prof. Armin Roth und die Studierenden generative KI einsetzen. Diese kann dann nicht nur Wirtschaftszahlen analysieren, sondern bezieht in ihrer Analyse auch Texte von Geschäfts- und Marktberichten sowie Analysen von Expertinnen und Experten ein. Dies ermöglicht zukünftig eine differenziertere Vorhersage der wirtschaftlichen Entwicklung eines Unternehmens.
Die Wirtschaftsinformatik an der Fakultät Informatik ist jedoch weit mehr als das digitale Berechnen rein betriebswirtschaftlicher Zahlen. So analysierten Studierende zum Beispiel in einem Masterprojekt die digitale Transformation im Leistungssport, um aufzuzeigen, welche Digitalisierung für den Verein und die Leistungssportler wirklich Vorteile bringt.
Lebensmittel retten
In einem weiteren Studierendenprojekt entstand ein Konzept samt App, durch das Lebensmittel im Supermarkt »gerettet« werden können – denn nicht immer geht es in der Wirtschaftsinformatik um Profit. Manchmal geht es den Studierenden darum, die Welt ein bisschen besser zu machen.
So erarbeiten sie aktuell im Projekt Katastrophenmedizin in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Tübingen, wie bei Katastrophen die Einsätze der Hilfskräfte durch die Digitalisierung verbessert und optimiert werden können. Auch in den nächsten 40 Jahren werden an der Wirtschaftsinformatik der Hochschule Reutlingen weitere spannende und innovative Projekte entstehen. (GEA)
Weitere Infos zum Management Cockpit: https://mc.reutlingen-university.de/