REUTLINGEN. In der Reutlinger Innenstadt sind am Sonntag wieder zahlreiche Polizeikräfte vor Ort. Neben der Stadthalle, auf dem Marktplatz, bei der Pomologie - überall parken die weiß-blauen Kastenwägen der Beamten. Auch Reiter und eine Drohne sind im Einsatz. Grund für das Großaufgebot ist die angemeldete Versammlung zum Thema »Für Menschlichkeit, Achtung des Individuums und Selbstverantwortung«. Sie war von Stadt und Kreis Reutlingen verboten worden. Genau wie die Veranstaltung am Freitag »Gedenken an die Geburt Jesu Christi nach Gottes Bilde: Maskenlos« und das für Samstag geplante Event »Freiheit, Wahrheit, Selbstbestimmung«.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag sind im Reutlinger Stadtzentrum jedoch fast keine Spaziergänger unterwegs. »Es gab keine besonderen Vorkommnisse«, sagte Polizeipressesprecher Christian Wörner dem GEA. Auch an Heiligabend blieb es ruhig. Mehr Betrieb herrschte dagegen am 25. Dezember. Erfahrungen aus den vergangenen Wochen und Chats in Telegram-Gruppen deuteten im Vorfeld darauf hin, dass sich Gegner der Corona-Maßnahmen trotzdem versammeln wollen.
Ansammlung löste sich auf
Schon um 17 Uhr waren deshalb im Bereich der Innenstadt viele Polizisten, darunter auch Polizeireiter im Einsatz. Sie positionierten sich an allen Zugängen zum Marktplatz sowie vor der Stadthalle. Gegen 18 Uhr sammelten sich im Storlach, im Bereich der Föhrstraße, schließlich mehrere Dutzend Personen, um dann gemeinsam in Richtung Innenstadt zu laufen. Genau in diesem Moment kam der Gruppe aber eine Kolonne von Streifenwagen entgegen - und die Ansammlung löste sich sofort auf.
Die Personen verstreuten sich in mehrere Richtungen, Einsatzkräfte folgten ihnen. »Im Stadtgebiet sind an verschiedenen Stellen Personengruppen unterschiedlicher Größe unterwegs. Wir haben teilweise ihre Personalien festgestellt - und wo erforderlich auch Platzverweise erteilt«, sagte Polizeisprecherin Andrea Kopp dem GEA gegen 19 Uhr.
Nicht nur im Storlach waren Gegner der Corona-Maßnahmen unterwegs. Auch in der Wilhelmstraße, bei der Marienkirche, sammelte sich ein kleines Grüppchen mit Kerzen. Eine größere Versammlung fand aber aufgrund der großen Polizeipräsenz nicht statt.
Bilanz am Ende des Abends: Fast 170 Personen wurden von der Polizei kontrolliert, in rund 130 Fällen wurden Platzverweise erteilt. Nach derzeitigem Stand werden 15 Personen wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz bei der Bußgeldbehörde der Stadt Reutlingen zur Anzeige gebracht.
Widerspruch gegen Anzeige
Darunter ist auch der gewählte Reutlinger AfD-Stadtrat Hansjörg Schrade. Zunächst hatte er eigenen Angaben zufolge auf dem Marktplatz einen Platzverweis für die gesamte Innenstadt bis morgens um sechs Uhr bekommen. Als er daraufhin zu seinem Auto beim Friedhof Unter den Linden gehen wollte, sei er auf dem Weg dorthin von der Polizei zum zweiten Mal gestellt worden. In einer Pressemeldung kündigte er an, Widerspruch gegen seine Anzeige einzulegen. Außerdem werde die AfD-Kreistagsfraktion gegen das Versammlungsverbot von Landratsamt und Stadt rechtliche Schritte einleiten. (GEA)