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Reutlinger Kriminacht mit Mord in allen Variationen

Die Reutlinger Kriminacht des Syndikats hat sich vom Geheimtipp zum absoluten Renner entwickelt

Impressionen von der achten Kriminacht des Syndikats (im Uhrzeigersinn): GEA-Band Deadline mit Veit Müller, Iris Goldack, Alexan
Impressionen von der achten Kriminacht des Syndikats (im Uhrzeigersinn): GEA-Band Deadline mit Veit Müller, Iris Goldack, Alexander Rabe und Armin Knauer; Zeitnehmerin Yvonne Knauer; lesende Autoren Martin Sowa und Sybille Baecker; GEA-Lokalchef Roland Hauser im Gespräch mit Bernd Leix; GEA-Verleger Valdo Lehari jr. am Büchertisch; Jörg Steinegger vom Projekt Streetsport Neckar-Alb; Roland Hauser auf Tätersuche; gebanntes Publikum im Oertel+Schwörer-Saal. Foto: Elke Schäle-Schmitt
Impressionen von der achten Kriminacht des Syndikats (im Uhrzeigersinn): GEA-Band Deadline mit Veit Müller, Iris Goldack, Alexander Rabe und Armin Knauer; Zeitnehmerin Yvonne Knauer; lesende Autoren Martin Sowa und Sybille Baecker; GEA-Lokalchef Roland Hauser im Gespräch mit Bernd Leix; GEA-Verleger Valdo Lehari jr. am Büchertisch; Jörg Steinegger vom Projekt Streetsport Neckar-Alb; Roland Hauser auf Tätersuche; gebanntes Publikum im Oertel+Schwörer-Saal.
Foto: Elke Schäle-Schmitt

REUTLINGEN. Mehr geht nicht: Gut 200 Stühle hatten die Veranstalter aufgestellt – so viele wie eben reinpassen in die ehemalige Druckerei des Verlags Oertel+ Spörer –, und alle Plätze waren besetzt. Auch diesmal seien die Karten innerhalb kürzester Zeit ausverkauft gewesen, berichtete GEA-Lokalchef Roland Hauser bei der Begrüßung.

»Toller Abend, gell?« – »Ja, wunderbar«; solche und ähnliche Satzfetzen waren zu hören, als das Publikum dreieinhalb Stunden später dem Ausgang zustrebte. Auch in der achten Auflage hat die Reutlinger Kriminacht des Syndikats, der größten Vereinigung deutschsprachiger Krimiautoren, offenbar nichts von ihrem Reiz verloren. Im Gegenteil: Es scheint, als kämen jedes Jahr neue Zuhörer hinzu, wobei von den alten kaum einer abspringt.

Das Konzept, das der Tübinger Journalist und Autor Veit Müller, selbst Mitglied im Syndikat, für die Veranstaltung ausgetüftelt hat, ist einfach stimmig. Alljährlich rund um den 8. Dezember geben am Burgplatz eine Reihe von Autoren mit siebenminütigen Minilesungen Einblicke in ihre aktuellen Krimis. Warum gerade am 8. Dezember? An diesem Tag starb 1938 Friedrich Glauser, der Urvater des deutschsprachigen Kriminalromans, weshalb das Syndikat seinen Todestag vielerorts als Krimitag begeht, in Reutlingen eben mit einer Kriminacht. Und warum gerade sieben Minuten? »Das ist lang genug, um Sie auf die jeweilige Story neugierig zu machen, und kurz genug, um die Spannung zu erhalten«, erklärte Roland Hauser.

Damit alles mit rechten Dingen zuging, stoppte Yvonne Knauer die Zeit – und das Publikum die Autoren: exakt nach sieben Minuten, mit einem lauten »Peng!«. Zwölf Schriftsteller aus Deutschland, Österreich und der Schweiz waren diesmal angereist, für manche nur ein Katzensprung, etwa für den Reutlinger Martin Sowa, den Undinger Julian Letsche oder Uschi Kurz aus Wannweil. Andere kamen aus Köln (Myriane Angelowski), Wien (Günther Zäuner) oder vom Schweizer Bodenseeufer (Axel Ulrich).

Keine Sekunde mehr

Sie alle wurden von Roland Hauser in einem kleinen Zwiegespräch launig und kenntnisreich vorgestellt. So erfuhren die Besucher etwa, wie Jochen Bender auf das Thema Wölfe und »grüner Filz« in der Politik gestoßen ist. Dann bekam jeder seine sieben Minuten Lesezeit und keine Sekunde mehr. Egal ob die Ermittlerin gerade in finsterer Nacht auf einem alten Friedhof im Moor ein Tor hinter sich zuschlagen hört, wie bei Julia Hofelich, oder ob der Täter nach dem tödlichen Stoß das Messer noch einmal brutal in der Wunde dreht, wie bei Martin Sowa, ob ein Angler im Schwarzwald soeben »etwas Unschönes« in der Murg entdeckt, wie bei Bernd Leix, oder der Förster mit seiner Setterhündin am verschneiten Waldrand auf einen kleinen leblosen Körper und einen Mädchenschuh stößt, wie bei Edi Graf – sobald Yvonne Knauers Stoppuhr abgelaufen war, setzten die Zuhörer dem grausamen Geschehen ein jähes Ende.

Reger Zuspruch

Dabei hätten sie vermutlich nur allzu gern gewusst, wie die Sache weitergeht. Doch dafür gab es ja die Pause und einen Büchertisch, an dem Oertel+Spörer-Lektorin Ulrike Weiler, unterstützt von Verleger Valdo Lehari jr., nicht nur die Werke der eigenen Autoren, sondern alle vorgestellten Bücher bereithielt. Kein Wunder, dass das Angebot nach den spannenden Appetithäppchen auf regen Zuspruch stieß. Wer bei all der Mord- und Ermittlungsarbeit Appetit im Wortsinne bekommen hatte, konnte sich bei den GEA-Marketingmitarbeiterinnen mit einem Schmalz- oder Frischkäsebrot stärken und ein Glas Wein oder Saft dazu trinken.

Der Erlös geht – ebenso wie die Eintrittsgelder sowie ein Euro pro verkauftem Oertel+Spörer-Buch – in diesem Jahr an »Streetsport Neckar-Alb«, ein Integrations- und Präventionsprojekt für junge Leute zwischen acht und sechzehn Jahren. Jörg Steinegger, Gründer des Projekts, stellte es im Gespräch mit Roland Hauser vor.

Für den guten Zweck überlässt Oertel + Spörer der Kriminacht kostenlos den Raum, und auch die Kreissparkasse Reutlingen unterstützt das Event. Honorarfrei umrahmte bereits zum dritten Mal die aus GEA-Mitarbeitern bestehende Band Deadline die Autorenlesungen mit groovenden Songs von Bob Dylan bis Tom Waits, was mit begeistertem Beifall honoriert wurde. Spannung, Entspannung und Benefiz – wie gesagt: ein stimmiges, rundes Konzept. (GEA)

 

DIE ACHTE KRIMINACHT

Wer es versäumt hat, sich vor Ort mit spannendem Lesestoff für lange Winterabende einzudecken, findet hier noch mal alle Autoren mit ihren Werken, in der Reihenfolge der Auftritte:

Julian Letsche, »Tod auf der Achalm«; Julia Hofelich, »Totwasser«; Jochen Bender, »Albwolf«; Axel Ulrich, »Schoofseggl«; Uschi Kurz, Anthologie »Geschmackvoll morden«; Martin Sowa, »Mord im Rinnental«; Bernd Leix, »Schwarzwald-Himmel«; Edi Graf, »Wolfsgebiet«; Myriane Angelowski, »Porzellankind«; Sybille Baecker, »Siebenmühlental«; Günther Zäuner, »Nowitschok«. (els)