REUTLINGEN. Die Grundsteuerreform sorgt für Verwirrung und Verärgerung bei den Bürgern – und für immensen Aufwand in den Verwaltungen. Nun schlägt man im Reutlinger Rathaus Alarm. In einer jüngst dem zuständigen Ausschuss vorgelegten Mitteilungsvorlage stellt Kämmerer Frank Pilz die Sachlage dar. Eine Quintessenz: »Mit der vorhandenen Personalausstattung ist der Abschluss der Veranlagungsarbeiten bis Ende 2024 nicht realisierbar.«
Für die Umsetzung der Grundsteuerreform und die Erledigung aller damit zusammenhängenden Aufgaben benötige das Amt – insbesondere mit Blick auf das kleine Zeitfenster, das für die Bearbeitung der rund 55 000 (zusätzlichen) Messbescheide zur Verfügung stehe – zusätzlich vier Stellen. Drei davon könnten bis zum Ende des Jahres 2026 befristet werden. Eine werde im Bereich der Grundsteuerveranlagung dauerhaft benötigt werden. Für den Versand der Bescheide an die Steuerpflichtigen im Januar 2025 sei es unabdingbar, dass spätestens im Herbst 2024 die neuen Grundsteuerhebesätze ermittelt und beschlossen würden und die Veranlagungsarbeiten bis spätestens Mitte Dezember 2024 abgeschlossen sind.
Eine intensive Prüfung der ersten eingegangenen Messbescheide habe aber bereits »eine signifikante Zahl an Fehlern« zutage gefördert. »Die vom Finanzamt Reutlingen fehlerhaft vorgenommenen Festsetzungen werden«, so heißt es weiter, »einen zusätzlichen Sachbearbeitungsaufwand verursachen.« Nach Versand der Steuerbescheide sei zudem mit einem hohen Nachfragebedarf und vermehrten Widersprüchen zu rechnen, prognostiziert der Kämmerer.
Zusätzliche Komplikation: Der Bund der Steuerzahler will zusammen mit den Interessensverbänden der Grundstückseigentümer in alle Instanzen gehen, um die Verfassungsmäßigkeit des neuen Landesgrundsteuergesetzes klären zu lassen. Wann dazu eine endgültige Entscheidung vorliege, ist laut Pilz »nicht absehbar«.
»Signifikante Zahl an Fehlern«
Zum 31. März seien etwa 11.000 Datensätze bei der Stadt Reutlingen eingegangen. Erst wenn die Summen aller Grundsteuermessbeträge ermittelt sind, könnten auch die Hebesätze geändert werden. Wie diese sich letztendlich gestalten werden, um die angestrebte »aufkommensneutrale Umsetzung« der Grundsteuerreform zu erreichen, auch dies sei aktuell nicht abschätzbar, da erst rund 20 Prozent aller Messbeträge vorlägen.
Auch nach Umsetzung der Reform sollen die Grundsteuereinnahmen der Stadt Reutlingen rund 25 Millionen Euro betragen – so zumindest der Plan. Dies schließe eine »Belastungsverschiebung zwischen den einzelnen Grundstücken, den Grundstücksarten und den unterschiedlichen Lagen nicht aus« – was vermehrte Widersprüche nach sich ziehen dürfte.
Verschöben sich die genannten Verfahrenschritte, so der Kämmerer weiter, verschiebe sich auch die Jahresveranlagung fürs Jahr 2025 – und damit der Versand der Grundsteuerjahresbescheide. Die Folge: Der Stadt stünde zumindest ein Teil der jährlichen Grundsteuereinnahmen erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung. (igl/sv)