KREIS REUTLINGEN. Es ist eine traurige Bilanz: Laut dem aktuellen Bericht über die Verkehrsunfalllage des Polizeipräsidiums Reutlingen sind im vergangenen Jahr mehr Menschen im Straßenverkehr ums Leben gekommen als noch 2022. Da hatte der Bericht noch hervorgehoben, dass so wenig Menschen wie noch nie in den vergangenen 20 Jahren bei Verkehrsunfällen gestorben waren. Jetzt sind es wieder mehr: 32 Menschen sind bei 30 Unfällen gestorben. Das entspricht einem Zuwachs von rund 23 Prozent - 2022 waren es noch 26 Menschen gewesen. Damit liegen die Landkreise Reutlingen, Tübingen, Zollernalbkreis und Esslingen deutlich über dem landesweiten Zuwachs von 5,4 Prozent.
Aber es gibt auch gute Nachrichten: Die Zahl der Schwerverletzten - per Definition sind das Personen, die zur stationären Behandlung mehr als einen Tag im Krankenhaus bleiben müssen - ist mit 612 um rund 10 Prozent gesunken. Der landesweite Rückgang ist mit 11,3 Prozent sogar noch ein wenig höher. Grundsätzlich zeigt der Bericht aber: Die Zahlen steigen. Insgesamt 33.324 Verkehrsunfälle (plus 5 Prozent) wurden in den Landkreisen verzeichnet, davon 3.305 Personen- und 30.019 Sachschäden (plus 1,4 Prozent und plus 5,4 Prozent) sowie 3.387 Leichtverletzte (plus 4,2 Prozent). Kracht es also immer öfter auf den Straßen in und um Reutlingen und Tübingen?
Verkehrsunfälle insgesamt
Die kurze Antwort: Ja. Die Verkehrsunfälle im Landkreis Reutlingen sind auf 8.572 um 331 (plus 4 Prozent) angestiegen. Auch im Landkreis Tübingen krachte es vergangenes Jahr häufiger: mit 5.677 und damit 415 mehr Unfällen stieg die Anzahl um 7,9 Prozent. Die Zahl der Getöteten hat sich im Landkreis Reutlingen sogar mehr als verdreifacht. Sind 2022 noch 4 Menschen im Straßenverkehr umgekommen, waren es vergangenes Jahr 13 Menschen - was einem Zuwachs von 225 Prozent entspricht. Anders im Landkreis Tübingen: hier gingen die tödlichen Verkehrsunfälle um 37,5 Prozent zurück: von 8 auf 5 Menschen in absoluten Zahlen.
Der landesweite Trend zu weniger Schwerverletzten zeigt sich auch in den Statistiken dieser beiden Landkreise. Mussten in Reutlingen 167 und damit 17,7 Prozent weniger Personen mehr als einen Tag im Krankenhaus behandelt werden, waren es in Tübingen mit 98 Menschen 19 Prozent weniger.
Hauptunfallursachen
Bei den Hauptunfallursachen fällt besonders auf: Im Landkreis Reutlingen kam es mit 221 und damit zu 13,3 Prozent weniger Unfällen, die aufgrund von überhöhter Geschwindigkeit passiert sind. Beim Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren ging die Zahl auf 793 leicht - um 1,7 Prozent - nach oben. Ein ähnlich marginaler Zuwachs (plus 2,9 Prozent) zeigt sich bei Vorfahrt-Delikten: Hier bauten die Verkehrsteilnehmer insgesamt 538 Unfälle - und damit 15 mehr als noch vergangenes Jahr. Auch bei der Verkehrstüchtigkeit - das sind Unfälle aufgrund der Einflüsse von Alkohol, Drogen und Medikamenten sowie medizinischer Ursachen und Übermüdung - schreibt der Landkreis rote Zahlen: Mit insgesamt 175 Unfällen schlägt die Verkehrstüchtigkeit mit 17,4 Prozent mehr zu Buche.
Auch im Landkreis Tübingen waren die Verkehrsteilnehmer wohl langsamer unterwegs: mit 122 (minus 9,6 Prozent) sank die Zahl der Unfälle aufgrund überhöhter Geschwindigkeit. Mit 88 Unfällen ist ebenfalls ein Rückgang im Bereich der Verkehrstüchtigkeit um 11,1 Prozent zu erkennen. Dafür hat es beim Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren 576 Mal und damit rund 20 Prozent häufiger gekracht als noch im vergangenen Jahr. Die Vorfahrt-Delikte stiegen um 6 Prozent auf 299 Unfälle.
Unfälle mit dem Auto
Mit 2.640 Pkw-Unfällen ist die Zahl im Kreis Reutlingen so hoch wie seit vier Jahren nicht mehr. Insgesamt gab es 65 zusätzliche Unfälle (plus 2,5 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr. 10 Menschen starben dabei, im vergangenen Jahr waren es 4 Personen. 18,5 Prozent weniger und damit 97 Menschen wurden bei Autounfällen schwer verletzt, 649 und damit 8,6 Prozent weniger wurden leicht verletzt.
Im Kreis Tübingen waren die Unfallzahlen ebenfalls so hoch wie seit 2019 nicht mehr. Im vergangenen Jahr gab es 1.723 Pkw-Unfälle, was einer Steigerung von 10 Prozent entspricht. 3 Menschen wurden dabei getötet, eine Verminderung von 50 Prozent - 2022 waren 6 Menschen zu Tode gekommen. Auch hier sank die Zahl der Schwerverletzten auf 56 Personen (minus 15,2 Prozent). Leicht verletzt wurden 432 Menschen und damit 11,9 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Die verhältnismäßig niedrigen Unfallzahlen in den Jahren von 2019 bis 2021 führt das Polizeipräsidium auf die Maßnahmen während der Corona-Pandemie zurück.
Unfälle wegen Alkohol und Drogen
Im Landkreis Reutlingen sind 122 (plus 3,4 Prozent) mehr Unfälle unter Alkoholeinfluss passiert. Die Personenschäden gingen dabei aber zurück: 14 (minus 12,5 Prozent) wurden dabei schwer, 30 (minus 21,1 Prozent) leicht verletzt. Mit 12 auf insgesamt 81 Unfälle und einem Anstieg von 17,4 Prozent kam es allerdings zu deutlich mehr Sachschäden als noch 2022. Unter Drogeneinfluss bauten Verkehrsteilnehmer insgesamt 21 Unfälle. Getötet wurde dabei niemand.
Rückläufige Zahlen kann der Landkreis Tübingen verzeichnen: insgesamt 65 und 8,5 Prozent weniger Unfälle wurden von Betrunkenen verursacht, dabei kamen 26 und damit 18,8 Prozent weniger Menschen zu Schaden. 9 Menschen wurden davon schwer und 20 davon leicht verletzt. Insgesamt haben 11 Verkehrsteilnehmer unter Drogeneinfluss Unfälle gebaut. Auch im Landkreis Tübingen ist dabei niemand gestorben.
Unfälle mit Motorrädern
Obwohl die Zahl der Verkehrsunfälle mit Motorrädern insgesamt im Landkreis Reutlingen auf 200 (minus 2,9 Prozent) leicht zurückging, sind vergangenes Jahr 5 Menschen dabei gestorben - was einer Steigerung von 400 Prozent entspricht. 11 Menschen weniger und insgesamt 45 Personen wurden bei Motorradunfällen schwer verletzt, und 4 Menschen weniger und insgesamt 112 Personen wurden leicht verletzt.
Im Landkreis Tübingen starb zwar kein Motorradfahrer bei einem Unfall, allerdings stieg die Zahl der Schwerverletzten um 2 auf 21 Menschen und damit um 10,5 Prozent. Insgesamt bauten 103 Motorradfahrer Unfälle im Landkreis - und damit 4,6 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Hauptursachen für die Unfälle in den Landkreisen waren insbesondere überhöhte Geschwindigkeit und gefährliche Überholmanöver - die größten Risikofaktoren bei Motorradfahrern.
Unfälle mit E-Scootern
Die Unfälle mit E-Scootern steigen seit der Erfassung in der Unfallbilanz 2020 stetig an und hat sich auf alle Landkreise gerechnet mittlerweile versechsfacht. Auch im Landkreis Reutlingen setzt sich der Trend nach oben fort: Insgesamt 43 und damit 15 Unfälle mehr wurden mit den elektrischen Zweirädern verursacht. Das entspricht einer Steigerung von 55,6 Prozent. Auch in Tübingen wurden mehr Unfälle mit den Scootern gebaut, insgesamt 27 (plus 12,5 Prozent).
Unfälle mit Radfahrern
Eine positive Entwicklung ist bei der Häufigkeit von Fahrrad-Unfällen im Landkreis Reutlingen zu erkennen. Insgesamt sank die Anzahl der Unfälle um 22 auf 348, was einer Verminderung von 5,9 Prozent entspricht. Von insgesamt 287 Personenschäden gab es 54 Schwer- (minus 14,3 Prozent) und 228 Leichtverletzte (minus 14 Prozent). Die Sachschäden stiegen dabei um 8 Fälle auf 61 und damit um 15,1 Prozent. Getötet wurde im vergangenen Jahr kein Fahrradfahrer im Kreis.
Das ist im Landkreis Tübingen anders: Ein Radfahrer kam 2023 ums Leben. Im Vergleich zum Vorjahr sind das drei Menschen weniger. Auch gibt es deutlich weniger Schwerverletzte: insgesamt 35 Menschen und damit 25 weniger als noch 2022 mussten mehr als einen Tag im Krankenhaus versorgt werden. Das entspricht einer Verringerung von 41,7 Prozent. Die Zahl der Leichtverletzten hingegen stieg leicht auf 230 Personen (plus 5,5 Prozent). Sachschäden haben sich ebenfalls erhöht: um 13 Fälle auf 46 und damit um 39,4 Prozent. In den Zahlen sind sowohl Fahrräder als auch Pedelecs enthalten.
Unfälle mit Fußgängern
Die Unfälle im Zusammenhang mit Fußgängern sind im Landkreis Reutlingen um 13,4 Prozent auf 76 gestiegen. Dabei sind 14 Personen und damit 40 Prozent mehr Schwerverletzte in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Im Landkreis Tübingen stieg die Anzahl der Unfälle auf 71 um 9,2 Prozent. Auch hier wurden mehr Fußgänger schwer verletzt: insgesamt 10 und damit 42,9 Prozent mehr als im Vorjahr. (GEA)