STUTTGART. Kein vorweihnachtliches Geschenk für die Stadt Reutlingen. Vergangene Woche hatte es sich schon abgezeichnet, jetzt ist es amtlich. Reutlingen wird kein Stadtkreis. Zumindest vorerst nicht. Im Beisein von Reutlingens Oberbürgermeisterin Barbara Bosch, ihrem Metzinger Kollegen Dr. Ulrich Fiedler und Landrat Thomas Reumann stimmten die Landtagsabgeordneten mehrheitlich gegen das Vorhaben, für das die Stadt Reutlingert seit rund dreieinhalb Jahren kämpft.
Die Fraktionen haben das Anliegen aus Reutlingen ernst genommen. Und in der Koalition zwischen Grünen und CDU um Lösungen gerungen, versicherte Uli Sckerl (Grüne). In seiner Partei genoss der Antrag der Stadt Sympathie, obwohl es keine rechtliche Verpflichtung gibt, Reutlingen Stadtkreis werden zu lassen, sagte er. Sein Reutlinger Partei-Kollege Thomas Poreski stimmte ihm zu, sagte aber ganz offen, dass der Koalitionspartner gegen das Vorhaben der Stadt Reutlingen war.
Deshalb und weil die Gründe des öffentlichen Wohl nicht überwiegen, können man dem Antrag nicht zustimmen. Zumal es für den Bürger laut CDU ohnehin keine Verbesserung darstellen würde. »Dem Bürger sei es letztendlich egal, ob eine Leistung vom Landratsamt oder vom Rathaus kommt«, sagte Ulli Hockenberger von den Christdemokraten.
Die Gründung eines Stadtkreises ist laut Landesverfassung möglich, wenn die Gründe des öffentlichen Wohls überwiegen. Das erfordere allerdings eine umfassende Güterabwägung. Die habe laut Sckerl auch stattgefunden. »Reutlingen könnte seine eigenen Belange alleine regeln«, sagte er. Aber welche Folgen hat das für den Kreis?
Stattdessen kündigte Sckerl eine Gegenvorschlag an. Denn es müssen in jedem Fall Veränderungen im Verhältnis zwischen Stadt und Landkreis geben. »Die Stadt braucht Beinfreiheit für ihre Entwicklung, der Landkreis braucht Sicherheit für die Zukunft. Wir erwarten Änderungen in der Aufgabenverteilung«, so der Grünen-Abgeordnete.
Thomas Strobl (CDU), stellvertretender Ministerpräsident von Baden-Württemberg, sagte, er hoffe, dass Stadt und Kreis diesen Vorschlag annehmen, sich zusammensetzen und gemeinsam Lösungen für ein gutes Miteinander finden werden.
Kritik für die Argumentation von Grünen und CDU hagelte es von der SPD: »Den verschwurbelten Antrag der Koalitionsfraktionen lehnen wir ab«, sagte Rainer Stickelberger (SPD). Die Koalition sei tief gespalten, das sei deutlich geworden. Stickelberger warf der Landesregierung vor, die Beteiligten mit einer oberflächlichen, wachsweichen Entscheidung abzuspeisen. »Wenn sie mit so einem Beschluss vor ein Gericht gezerrt werden, fallen Sie auf die Nase«, sagte er im Hinblick auf die Möglichkeit der Stadt Reutlingen, vor Gericht zu ziehen.
Ist das Thema Stadtkreis damit vom Tisch? Noch nicht entgültig. »Man muss kein Prophet sein, dass das Thema zurückkommt«, sagte Uli Sckerl. Man werde sich im Landtag wieder fragen müssen, ob man Gebietszuschnitte so lassen könne, wie sie sind. (GEA)