REUTLINGEN. In der Nacht auf den 25. Mai wurde vor genau einem Jahr die Kaiserstraße 39 (K39) von Aktivisten, die sich »Die Crew« nennen, besetzt. Vergangene Nacht machten sie erneut auf Leerstand in Reutlingen aufmerksam. Mehrere leerstehende Häuser in der Innenstadt wurden mit Transparenten als Leerstände markiert und der Leerstandsmelder aktualisiert.
»Die Entwicklungen des letzten Jahres sind enttäuschend. Im Zeitraum nach der Besetzung wurde zwar viel über Wohnraum diskutiert, weder der Gemeinderat noch Oberbürgermeister Thomas Keck konnten jedoch mit praktischen Konsequenzen punkten. Wir haben es daher für notwendig erachtet, die Problematik wieder in die Öffentlichkeit zu tragen und ein klares Zeichen gegen Leerstand zu setzen«, wird eine Aktivistin einer Pressemeldung zitiert.
In ihrem Statement zeigt »Die Crew« auf, dass außer dreier, bisher nicht im Gemeinderat behandelter, Anträge der »Linken Liste« und der »Grünen und Unabhängigen« Gemeinderatsfraktion, vergangenes Jahr wenig getan wurde um der Wohnraumproblematik und den hohen Mieten in Reutlingen entgegenzuwirken. Auch das angekündigte Leerstandskataster liege noch nicht vor. Die Crew bezieht sich auf die Hans-Böckler-Stiftung und die IHK. Beide kritisieren fehlenden bezahlbaren Wohnraum in Reutlingen, die AWO verweist auf eine hohe Zahl von obdachlosen Menschen in der Stadt.
Verändert hat sich leider wenig, findet die Crew. »Die vielverheißenden Versprechungen der GWG und mehrerer Gemeinderatsfraktionen während der Besetzung scheinen in Vergessenheit geraten zu sein. Wir hoffen daher auf Unterstützung von unseren Mitmenschen den oben erwähnten Leerstandmelder mit uns gemeinsam zu aktualisieren und zu pflegen«, so die Aktivistin weiter.
Um noch einmal auf den Leerstand in der Stadt aufmerksam zu machen und diesen wieder ins Bewusstsein zu rücken, wurden vergangene Nacht an fünf Häusern in der Innenstadt Transparente aufgehängt.
Eines davon war das immer noch leerstehende K39 und das angrenzende Nachbarhaus Kaiserstraße 41. Ein Transparent fasste zusammen: »Mai 2019: Besetzt, Mai 2020: Immer noch leer«. An der Kaiserstraße 41, sowie an den Häusern in der Mauerstraße 9 und im Heinzelmann-Areal wurde aufgerufen zum »Leerstand besetzen« und »Leerstand erheben«. Außerdem hängen nun Transparente an vier leerstehenden Häusern am ZOB (Willy-Brandt-Platz 24-28 und Eberhardstraße 2), die genau wie die K39 und die K41 der GWG gehören. Dabei ist der Text: »Diese Häuser könnten BESETZT sein, sie sind LEERSTAND«.
»Wir erhoffen uns ein Aufwachen der Stadtverwaltung und des Gemeinderates. Auch, oder besonders in der Coronapandemie kann Wohnraumpolitik nicht einfach still stehen. Es ist höchste Zeit Leerstand zu bekämpfen und mit den Mitteln der Stadt gegen Zweckentfremdung und Spekulation mit Wohnraum vorzugehen. Wir wünschen uns eine GWG, die wieder im Sinne des Gemeinwohls handelt und ihre Versprechungen, sich für «solidarisch-selbstverwaltete Wohnformen zu öffnen beziehungsweise diese zu ermöglichen», ernst nimmt«, so die Aktvistin. (pm)