Nähe durch Distanz lautet das Credo dieser Tage – was schon einiges an Vorstellungsvermögen abverlangt, soll einem dabei warm ums Herz werden. Berühren und Berührtsein hängen nun mal oft zusammen. Die Finger aber sollte man nun bei sich behalten, den Speichel sowieso und bestenfalls auch den Atem. So ganz zurückgeworfen auf sich selbst, tut es manch einem gut, Halt an Irdischem zu finden – an einem Einkaufswagengriff zum Beispiel oder einer Türklinke.
Doch selbst diese Art der Kontaktaufnahme ist kritisch – krankmachende Viren könnten schließlich überall lauern. Damit wollte sich Nico Haydt aus Pfullingen nicht zufriedengeben. Angespornt von seinem Chef überlegte er, wie körperkontaktfreier Kontakt aussehen könnte. Im Nu war eine Idee geboren, die als schwarzes Kunststoffding Gestalt annahm und schließlich auf den bezeichnenden Namen »Multifunktionsring« getauft wurde.
Über den Finger gestreift erfüllen die drei aufgesetzten Krallen, was sonst Aufgabe der Finger ist: Sie öffnen Türen, bringen Wasserhähne zum Laufen oder Drücken Lichtschalter – und sollen damit Agieren ohne Aufnahme und Abgabe von Keimen möglich machen. »Das ist ja nicht nur in einer Pandemie wichtig«, erklärt der 27-Jährige, der sich inzwischen nur noch selten ringfrei durch den Alltag bewegt.
Weil es nicht um Profit, sondern ums Helfen gehe, könnten die Daten für das Gadget kostenlos auf der Internetseite seines Arbeitgebers, 3-D-Laserdruck in Reutlingen, heruntergeladen werden, so Haydt. Wer keinen 3-D-Drucker hat, kann den Ring bei der Firma bestellen.
Überall wo’s Wärme braucht, ist der Helfer allerdings unbrauchbar: Touchfelder und die Liebsten sind für kühle Plastik-Stupser unempfänglich. (GEA)