PFULLINGEN. 54 Jahre stand sie in Pfullingen, jetzt hat die Orgel der Magdalenenkirche eine neue Heimat in der tschechischen Hauptstadt Prag gefunden. Nachdem 2023 die evangelische Kirchengemeinde beschlossen hatte, dass die Magdalenenkirche zum Kindergarten umgebaut wird, war klar, dass die Orgel dort nicht bleiben kann. Eine Prüfung hatte schnell ergeben, dass ein Einbau in einem der anderen Gebäude der Kirchengemeinde nicht sinnvoll wäre. Somit war klar, die Orgel muss verkauft werden.
Geplant von Dr. Walter Supper und gebaut von Orgelbauer Peter Vier stand die Orgel 54 Jahre in der Magdalenenkirche und hat treue Dienste geleistet. Ge-spielt in unzähligen Gottesdiensten von vielen Organisten und Organistinnen. Treu von der ersten bis zur letzten Stunde war Hans Fried, der auch immer ein Auge auf »sein Örgele« hatte.
Verkauf gar nicht so einfach
Ein Verkauf war aber gar nicht so einfach, berichtet Kantorin Bettina Maier. In einem ersten Schritt hat im Januar 2024 der Orgelsachverständige Antal Varadi die Orgel genau angeschaut und ein Gutachten erstellt. Über seine Kontakte hat er das Angebot an Orgelsachverständige und Kirchenmusiker in ganz Deutschland geschickt. Zudem wurde die Orgel bei Instrumente Ladach, einem Spezialisten für den internationalen An- und Verkauf von gebrauchten Pfeifenorgeln, in Vermittlung gegeben. Der Vertreter des Unternehmens hatte jedoch wenig Hoffnungen gemacht: Viele Kirchen würden aufgelöst und somit viele Orgeln zum Verkauf stehen, aber nur wenige gebraucht werden.
Erste hoffnungsvolle Verhandlungen mit Gammertingen, die eine Pfeifenorgel für ihre neu renovierte Kirche gesucht hatten, hätten sich schnell wieder zerschlagen. Dann gab es kurz vor Ostern noch eine Besichtigung vom methodistischen Orgelsachverständigen, aber auch daraus ist nichts geworden.
Erst im September kam die Nachricht von Ladach, dass ein tschechischer Orgelbauer Interesse hätte und das Instrument gerne besichtigen würde. Noch im selben Monat reisten dann drei Tschechen an. Erst im Laufe des Gesprächs habe es sich herausgestellt, dass sie im Auftrag des Prager Domkapitels unterwegs sind, um eine Orgel für einen neu renovierten Musiksaal neben dem Veitsdom in Prag zu suchen. Der Organist, der mitgekommen war, war kein geringerer als Ondrej Valenta: Domorganist des Veitsdoms. Er hat das Instrument auf Herz und Niere geprüft. Da das Domkapitel nicht ganz den geforderten Preis zahlen wollte, hat sich die Kirchengemeinde mit ihm darauf ge-einigt, dass Valenta in Pfullingen in der Martinskirche ein Benefizkonzert spielt. Dies ist auf Anfang 2026 termeniert.
Gleich am Tag nach der Besichtigung reiste ein tschechischer Orgelbauer mit Team an und hat das Instrument innerhalb eineinhalb Tagen abgebaut und dann nach Prag transportiert. Dort wurde die Orgel im Dezember aufgebaut. Dafür musste sie ein wenig umgebaut werden, da sie in Pfullingen auf zwei Ebenen stand. Im Saal in Prag steht sie komplett auf der Bühne, deshalb musste der Motor an eine andere Stelle versetzt werden.
Im Musiksaal untergebracht
Neue Heimat der Magdalenenkirchenorgel ist ein Musiksaal. Er befindet sich im ersten Stockwerk des Palastes des Domdechants direkt auf der Prager Burg. Das Gebäude ist sehr alt. Bis 1990 diente der Palast als Archiv der Prager Burg. Seit 1990 verwaltet das Domkapitel das Haus und hat ganz akutell den Musiksaal renoviert. Der Saal wird für Proben genutzt, aber er soll auch für Konzerte der Prager Musikhochschule dienen. »Es ist schön, dass die Orgel einen schönen und würdigen neuen Ort gefunden hat«, freut sich Bettina Maier. (GEA)