PFULLINGEN. Die Stadt braucht einen neuen Bürgermeister. Sechs Männer sind davon überzeugt, dass sie jeweils der Beste für das Amt wären. Mit Martin Fink, Timo Plankenhorn, Sven Bohnert, Detlev Gottaut und Stefan Wörner stellten sich gestern Abend fünf davon beim GEA-Livestream den Fragen von Petra Schöbel aus der Pfullinger Redaktion und von GEA-Lokalchef Roland Hauser. »Kein Forum bieten möchten wir dem Vielfach-Bewerber Samuel Speitelsbach, dem wir ein ernsthaftes Interesse am Pfullinger Bürgermeister-Posten absprechen,« erklärte Hauser, warum der Sechste im coronakonform ausgestatteten DSR-Livestreamstudio in Pfullingen fehlte. Vier Fragenblöcke – Wirtschaft, Bürgerbeteiligung, soziales und kulturelles Leben sowie nachhaltige Stadtentwicklung – boten den ernsthaften Kandidaten die Möglichkeit, sich für die Wahl am Sonntag, 25. April, zu empfehlen.
Wirtschaft
Die Leerstände in der Innenstadt sind ein Dauerproblem. Timo Plankenhorn möchte Restaurants und Cafés dort etablieren, um die Besucherfrequenz zu erhöhen. Hilft eine Internet-Plattform den Einzelhändlern? Ihnen helfe vor allem mehr Leben in der Stadt, sagt Sven Bohnert. Die Stadtverwaltung müsse die Leerstände analysieren und gezielte Gespräche mit möglichen Akteuren führen. An der Kommunikation habe es bisher gemangelt. Martin Fink will ebenfalls ins Gespräch mit den Eigentümern der Immobilien gehen – und so eventuell (zu) hohe Mieten dämpfen. Eine Aufgabe auch für die Wirtschaftsförderung, die ja gestärkt werden soll. Detlev Gottaut meint, dass die Stadt Räume anmieten und weitergeben könne – zum Beispiel an Start-ups. Wie wäre es, wenn die Stadt das Dienstleistungs- und Einkaufszentrum übernehmen und selbst vermarkten würde? Das befürwortet Stefan Wörner nicht. Er könnte sich aber vorstellen, dass die Verwaltung dort Flächen anmietet, unter anderem für das Stadtbüro. Einspruch von Bohnert: Wenn man Belebung wolle, sei »mehr Verwaltung das völlig falsche Konzept«. Man müsse auf ein außergewöhnliches Waren- und Dienstleistungsangebot setzen.
Bürgerbeteiligung
Mehr Öffentlichkeit wollen die Kandidaten wagen. Bürgerbeteiligung beginne bereits beim wertschätzenden Umgang der Verwaltung mit den Bürgern, findet Sven Bohnert. Ihren Sachverstand brauche man, man solle sie daher auch im Gemeinderat hören. Detlev Gottaut will möglichst wenig nicht öffentliche Sitzungen, er kann sich auch eine Übertragung der Beratungen in soziale Medien vorstellen. Sollte es Stadtteilvertretungen geben? Stefan Wörner hält von zusätzlichen Gremien nichts, viel aber vom Quartiersmanagement. Bürgerbeteiligung müsse lange vor den Gemeinderatssitzungen beginnen. Timo Plankenhorn findet, dass sie vor allem ausreichende Informationen voraussetzt. Dass Gemeinderatsvorlagen nach einer gewissen Zeit nicht mehr online zugänglich sind, weil der Speicherplatz fehlt, ist für ihn nicht in Ordnung. Beim groß angelegten Stadtentwicklungsprozess ISEK haben von knapp 19 000 Einwohnern nur etwa 80 aktiv mitgemacht. Wie könnte man die Zahl erhöhen? Martin Fink verweist darauf, dass es einen Beteiligungsleitfaden geben soll, in dem beschrieben werde, wo und wie die Bürger sich einbringen können.
Soziales und kulturelles Leben
Ganz unterschiedlichen Fragen stellten sich die fünf Kandidaten im zweiten Block. Detlev Gottaut möchte die digitale Ausrüstung der Schulen verbessern, damit dort problemlos auch digital unterrichtet werden kann. »Das kostet richtig Geld«, das er über Crowdfunding oder EU-Mittel beschaffen will. Mehr Platz für die Jugend (»Das ist ein großes Problem«) will Plankenhorn schaffen. Dabei gelte es Kompromisse zu suchen zwischen den Bedürfnissen der Jugend und denen der Anlieger nach Ruhe. Wörner hält es für richtig, einen selbstverwalteten Raum für die älteren Jugendlichen bereitzustellen. Für Bohnert ist klar, dass der Jugendgemeinderat mehr Gewicht bekommen muss, gemeinsame Sitzungen mit dem Gemeinderat gehören für ihn dazu. »Der JGR braucht eine lautere Stimme.«
»Da muss noch mehr kommen«, stellt Fink fest, wenn er auf die Bemühungen der Stadt schaut, diese barrierefrei und seniorengerecht zu gestalten. Dazu will er ein ständiges Gremium einsetzen, in dem die Bürger gehört werden. Für Plankenhorn geht das Thema Barrierefreiheit über reine Baumaßnahmen hinaus. Für Sehgeschädigte oder Gehörlose müssten Möglichkeiten geboten werden, am Leben teilzunehmen.
Für die Kultur kann man nicht zu wenig oder zu viel Geld ausgeben, erklärt Sven Bohnert zum Einstieg in ein weiteres Themenfeld. Diese müsse nicht immer Geld kosten. Es brauche ein Gesamtkonzept und außerdem will er auf Verwaltungsseite die Kultur von Sport und Schule trennen. Für Wörner ist es wichtig, die Kulturschaffenden regelmäßig an einen Tisch zu holen und eine Geschäftsstelle Kultur zu schaffen: »Die sehnen sich nach so was.« Ob man Pfullingens Kulturschätze zu Geld machen kann? Fink will es zumindest versuchen, indem er die Denkmäler wieder zugänglich und sinnvoll nutzbar macht. Bohnert will etwa Klosterkirche und Neske-Bibliothek fürs Stadtmarketing einsetzen. So könnten sie zur Attraktivität Pfullingens beitragen. Stefan Wörner verspricht, die ganze Kultur zur Chefsache zu machen. Für die Klosterkirche gebe es ein gutes Konzept. Allein für das Kulturmanagement eine eigene Stelle zu schaffen, ist für Timo Plankenhorn zu kurz gesprungen. Er will Sport, Kultur und Vereine als eine Einheit sehen und Detlev Gottaut erkennt gute Chancen, die touristische Attraktivität Pfullingen durch Veranstaltungen kultureller und sportlicher Art zu steigern.
Nachhaltige Stadtentwicklung
Nachverdichtung ist für Wörner grundsätzlich richtig. Er will diese aber durch Konzeptvergaben steuern, auch um die Belastung für die Anwohner in Grenzen zu halten. Nutzungen verbinden, etwa so wie beim Rewe-Markt – unten Handel, oben Wohnungen –, ist für Plankenhorn ein Konzept, das die Stadt voranbringt. Dann müsse man auch nicht jede Baulücke füllen. Wenn die Stadt preisgünstigen Wohnraum bieten wolle, müsse diese aktiv in die Bodenpolitik einsteigen, so Gottaut. Wenn von den geplanten 25 Hektar Fläche am Galgenrain kein Quadratmeter bebaut würde, »dann hätten wir es mit einem intelligenten Management geschafft, den Flächenverbrauch zu stoppen.« Das wünscht sich Bohnert.
Die Zukunft der Mobilität in der Stadt bestimmte die letzte Fragenrunde. Stadt- und Bürgerbus will Martin Fink weiter ausbauen, hält es aber für undenkbar, dass auf der alten Stadtbahntrasse die Regionalbahn verkehrt und den Raum Fußgängern und Radfahren abspenstig macht. Fink sieht zum heutigen Stand keinen Vorteil für die Stadt durch eine Regionalstadtbahn. Die ist dagegen für Timo Plankenhorn »eine beschlossene Sache«. Auf welcher Trasse sie in Pfullingen mal fährt, das müsse letztlich mit den Bürgern entschieden werden. Keinesfalls vergessen werden sollten bei einem breitaufgestellten Mobilitätskonzept die Fußgänger, betont Stefan Wörner und Detlev Gottaut will die verschiedenen Verkehrsströme klar trennen. Nur dann funktioniere das Nebeneinander von Auto-, Radfahrern und Fußgängern. Und Sven Bohnert kann sich vorstellen, das Bürgerbusangebot teilweise zu professionalisieren. (GEA)