NEHREN/MÖSSINGEN. Einige Fragen gab der Starzacher Architekt Jürgen Sesterheim als Bau- und Planungsexperte den Teilnehmern mit auf den Weg. Vor über 30 Personen zeigte er sich skeptisch über den Nutzen der Verlegung der B 27 im Bereich von Nehren bis hin zur Anschlussstelle von Bodelshausen. Wie lange liegt denn der Beginn des Planungsverfahrens zurück? Ganze 46 Jahre. Für ihn und offenkundig viele der Interessierten ein Grund, an der Rechtskraft der bisherigen Beschlüsse zu zweifeln. Und wie sieht es mit den Grundstücken aus, die von ihren Eigentümern nicht verkauft werden sollten? Sollen hier etwa Enteignungen erfolgen?
»Alle hier Anwesenden wollen, dass die Straße nicht kommt«
Inzwischen hatte Regen eingesetzt, und die Gruppe drängte zum Aufbruch ins Zielgebiet. Dort hatten die Veranstalter, die »Linke im Steinlachtal«, ein Stück der künftigen Trasse mit Luftballons im Gelände markiert, um den Verlauf und vor allem die beachtliche Breite von 31 Metern zu verdeutlichen. Claudia Jochen, Linken-Stadträtin in Mössingen, und ihr Mann Julian Warth führten den tropfnassen Tross von der Bubengasse ein Stück durchs Wohngebiet »Ehrenberg« hinunter ins Tal des Ehrenbachs. Selbst durch die Regenkapuzen waren die Fahrzeuggeräusche von der B 27 zu hören, die derzeit noch viele Hundert Meter entfernt in jede Richtung einspurig zwischen Ofterdingen und Dußlingen verläuft.
Dort, wo die Gruppe stehe, betonte Julian Warth, werde im Falle des Baus der Aushub aufgeschüttet, der oben am »Autobahnknoten« beim Bäckerei-Café im Mössinger Industriegebiet Schlattwiesen abgetragen werde. Ein beachtlicher Wall dürfte sich dann neben dem Ehrenbach auftürmen, auf dessen Krone der Verkehr fließt. Angesichts der aktuellen Forderungen nach einer Verkehrswende und den Planungen für eine Regionalstadtbahn sei die Idee einer Verlegung nicht mehr zeitgemäß, so Julian Warth.
Auch wenn die Planungen schon weit fortgeschritten sein, sei die Sache noch lange nicht gelaufen, gab sich Hans-Jürgen Müller kämpferisch. Der Vorsitzende der Nehrener Nabu-Ortsgruppe zeigte sich überzeugt, dass »alle hier Anwesenden wollen, dass die Straße nicht kommt.« Er rief dazu auf, sich genau zu informieren, um als Bürger »die Straße verhindern, verzögern oder verbessern zu können.«
Neben dem enormen Flächenverbrauch von über 28 Hektar wurmt den Naturschützer die in seinen Augen fragwürdige Planung einer Wildbrücke unmittelbar neben dem geplanten Rastplatz für 80 Lastwagen bei Bad Sebastiansweiler.
»Die Straße verhindern, verzögern oder verbessern können«
Für rechtlich angreifbar hielten die Veranstalter das gesamte Projekt, aber eben auch einzelne Teile wie die Wildbrücke. Und beim Thema »Rechtliches« angekommen kam Julian Warth auf den Mössinger CDU-Stadtrat Dirk Abel zu sprechen. Ihm, der als Pressesprecher im Regierungspräsidium Tübingen arbeitet, warf er klare Befangenheit beim Thema B 27 vor. Es sei kaum zu erwarten, dass er im Mössinger Gremium gegen eine Maßnahme seines Arbeitgebers stimmt.
Einsprüche gegen die Pläne seien noch bis zum 2. Oktober möglich, gab Claudia Jochen den Teilnehmern mit auf den Heimweg. (GEA)