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Flüchtlinge, AfD, Freie Wähler: Tübingens OB Palmer im Talk mit Gysi

Im Talk-Format »Missverstehen Sie mich richtig« befragt Linken-Politiker Gregor Gysi seinen Gast Boris Palmer zu drei aktuellen Streitthemen um seine Person: seine Haltung zu Flüchtlingen, zur AfD und seine Verbindung zu den Freien Wählern. Der Tübinger Oberbürgermeister nutzt die Gelegenheit, um ein Missverständnis aufzuklären.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (links) war zu Gast im Talk-Format »Missverstehen Sie mich richtig« mit Linken-Politike
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (links) war zu Gast im Talk-Format »Missverstehen Sie mich richtig« mit Linken-Politiker Gregor Gysi. Foto: YouTube
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (links) war zu Gast im Talk-Format »Missverstehen Sie mich richtig« mit Linken-Politiker Gregor Gysi.
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BERLIN. Boris Palmer sorgt immer wieder für Aufsehen, ob mit umstrittenen Aussagen oder mit einzigartigen Projekten. »Es gibt nicht so viele Oberbürgermeister, die das von sich behaupten können«, sagt der Linken-Politiker Gregor Gysi im Talk-Format »Missverstehen Sie mich richtig« mit dem Tübinger OB als Gast, das seit kurzem auf Youtube zu sehen ist. Der 75 Jahre alte Jurist findet es faszinierend, wie Palmer in der Unistadt auf eigene Faust eine Verpackungssteuer erhoben und SUV-Parkgebühren eingeführt hat - und sie auch gegen globale Unternehmen oder die deutsche Bürokratie verteidigt. Voller Anerkennung sagt er auch: »Sie sind jemand, der zum Widerspruch reizt.« Nachgebohrt hat Gysi bei drei aktuellen Streitthemen.

Differenzierte Haltung zu Flüchtlingen

»Wie ist Ihre Haltung zu Flüchtlingen?« Bei dieser Frage ist es Palmer wichtig, zu differenzieren. »Meiner Meinung nach braucht unser Land dringend Einwanderung in den Arbeitsmarkt, da wir schon jetzt nicht mehr alle Stellen besetzen können.« Auf der anderen Seite ist es »empirisch nachgewiesen«, dass es eine Einwanderung gibt, »die zu großen Teilen in den Transferleistungssystemen landet«. Die Schuld dafür sieht er auch bei der Politik. »Bei uns wird vier Jahre lang geprüft, ob ein Abschluss in Deutschland anerkannt werden kann.« Weil die Betroffenen in der Zwischenzeit Staatshilfen empfangen und etwa bezahlbaren Wohnraum verschafft bekommen, ist es für Palmer kein Wunder, dass das zu »gesellschaftlichen Spannungen bis zum Zerreißen« führt. »Davon profitiert die AfD immens.«

Palmer fordert: »Wenn man schon Armutsflüchtlinge ins Land holt, muss man dafür sorgen, dass sie Arbeit aufnehmen und es nicht durch Transferleistungen so attraktiv macht, dass man gar nicht erst arbeiten muss.« Ein Problem ist laut dem Tübinger Oberbürgermeister zudem die »Zertifikatsgläubigkeit« in Deutschland: »Es muss erst ein Papier vorgelegt werden«, damit jemand einem Beruf nachgehen könne. »Viel besser wäre es, die Leute einfach schaffen zu lassen.«

AfD in Tübingen chancenlos

Gysi »begrüßt es«, dass die »Alternative für Deutschland« (AfD) im Tübinger Gemeinderat nicht vertreten ist. Er fragt Palmer: »Glauben Sie, dass es mit der Art ihres Auftretens zusammenhängt, dass die Leute sagen: Die AfD brauchen wir hier nicht?« Das Stadtoberhaupt entgegnet: »Das ist sehr umstritten.« Der Hauptgrund dafür, dass die Partei zuletzt nicht einmal mehr bei der Kommunalwahl angetreten ist, sieht der Oberbürgermeister in der »Sozialstruktur« der Unistadt. Sprich: im überdurchschnittlich hohen Bildungsniveau. »Trotzdem behaupte ich, dass es auch an mir liegt.«

Laut Palmer würde sich ein Tübinger AfD-Kandidat im Wahlkampf mit Themen sehr schwertun. »Weil das macht der OB alles schon.« Manche würden es für einen Skandal halten, wenn er »das Geschäft der AfD« mache. Er entgegnet: Wenn die Menschen etwa die Sicherheit im öffentlichen Raum umtreibt, und es nur diese eine Partei gebe, die das Thema anspricht, dann müsse er sich drum kümmern. »Wenn man als OB alles unternimmt, dann kommen die Leute nicht auf Gedanken, irgendwelchen Rattenfängern hinterherzulaufen.«

Missverständnis um Freie Wähler

Vor gut einem Jahr ist der Tübinger Oberbürgermeister nach einem Eklat um die Verwendung des Wortes »Neger« bei den Grünen ausgetreten. »Warum wollen Sie jetzt zu den Freien Wählern?«, fragt Gysi verwundert. »Das will ich gar nicht«, entgegnet Palmer. Die Annahme gehe auf die »wunderbaren Verkürzungen des Medienbetriebs« zurück.

Fakt ist: Palmers Name tauchte auf der Liste der Wählervereinigung zur Kreistagswahl auf. »Das geht, wie bei mir auch, ohne Mitglied zu sein.« Als dies auf einer Pressekonferenz verkündet wurde, hätten reichweitenstarke Medien »alle noch gedacht, ich würde Hubert Aiwangers Partei beitreten.« Der ist Bundes- und bayerischer Landesvorsitzender der Freien Wähler, die aber mit ihren Namensvettern aus Baden-Württemberg außer dem Namen nichts gemeinsam haben. »Doch die falsche Nachricht wurde erst einmal verbreitet«, sagt Palmer. Er war froh, dass er die Gelegenheit hatte, dieses »Missverständnis« aufzuklären. (GEA)