BERLIN. Vor der Videokonferenz zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder wird weiter über die künftige Strategie bei Corona-Tests für Reisende gestritten.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verteidigte seinen Vorschlag, für Rückkehrer nach der Sommerreisesaison keine kostenlosen Tests mehr anzubieten, die Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten wieder abzuschaffen und stattdessen stärker auf die Quarantäneregel zu setzen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) dagegen erneuerte am Mittwoch seine Kritik an den Plänen. Man könne nicht verpflichtende Tests einführen, »und nach zwei Wochen schaffen wir sie wieder ab«. Es dürfe kein ständiges Hin und Her bei den Teststrategien geben. Er halte die Tests von Reiserückkehrern für eine gezielte Teststrategie, die auch angesichts der nahenden Herbstferien richtig sei. Auch die Reisebranche warnte erneut vor einer Änderung der geltenden Regelung.
Spahn äußerte am Mittwoch die Hoffnung, dass bei der Schalte der Kanzlerin mit den Ländern am Donnerstag ein Kompromiss erreicht wird. Es sind die ersten Beratungen in dieser Runde seit Juni. Bei ihrer letzten Konferenz zum weiteren Vorgehen in der Corona-Krise vor dem Sommer hatten Merkel und die Ministerpräsidenten angesichts sinkender Ansteckungszahlen noch über Lockerungen geredet. Jetzt wird wegen steigender Zahlen darüber diskutiert, ob die Corona-Maßnahmen streng genug sind.
Spahn und die Gesundheitsminister aus mehreren Ländern schlagen vor, dass es für Reiserückkehrer keine kostenlosen Corona-Tests mehr geben soll. Rückkehrer aus Risikogebieten sollen sich in Quarantäne begeben und diese künftig frühestens mit einem fünf Tage nach Einreise vorgenommenen, negativen Test verlassen dürfen. Im Moment gilt für diese Reisenden noch, dass sie die Quarantäne mit Vorlage eines maximal 48 Stunden alten Tests bei der Einreise oder durch einen in Deutschland auf Anordnung der Behörden gemachten Test umgehen können. Dafür gilt seit 8. August eine entsprechende Verordnung zur »Testpflicht«.
In einzelnen Bundesländern, etwa Schleswig-Holstein, gilt allerdings bereits jetzt die Pflicht, einen zweiten negativen Test frühestens fünf Tage nach Einreise aus einem Risikogebiet vorzuweisen, um die dortige Quarantänepflicht verkürzen zu können. Ein Test kurz vor oder direkt nach der Einreise sagt wegen der Inkubationszeit möglicherweise noch nicht viel über eine tatsächliche Infektion aus.
Spahn sagte am Mittwoch, nun solle nach den »zusätzlichen Testanstrengungen in der Reisezeit« wieder zu einem »Langzeitansatz« zurückgekehrt werden. Es gehe darum, zielgerichtet Menschen mit Symptomen und mit Kontakt zu Covid-19-Patienten, Pflegekräfte, Ärzte und Pflegebedürftige zu testen. Er verwies zudem erneut darauf, dass die Laborkapazitäten endlich seien. Die Testzahlen hätten sich innerhalb von nur zwei, drei Wochen verdoppelt.
Kritik kommt aber nicht nur aus Bayern. Auch die Luftverkehrs- und Reisebranche wehrt sich gegen die Pläne. Sie befürchtet neue Einbrüche. Eine pauschale Quarantänepflicht nach dem Besuch von Risikogebieten sei de facto eine Reisebeschränkung, heißt es beim Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Der Chef des Frankfurter Flughafens, Stefan Schulte, sagte am Mittwoch, dies bedeute »faktisch einen zweiten Lockdown für die Luftverkehrs- und Tourismusbranche und für alle Menschen, die über Ländergrenzen hinweg unterwegs sein müssen«. Der Präsident des Deutschen Reiseverbandes, Norbert Fiebig, sprach von einem »politischen Zickzackkurs«. Damit verwirre Gesundheitsminister Spahn Urlauber. (dpa)