WIEN. Kein Kino, kein Theater, kein Lokalbesuch, wenig soziale Kontakte: Der vierte Lockdown in Österreich ist aus Sicht vieler Bürger ein Armutszeugnis für die Regierung. Bis zu 75 Prozent der Österreicher vertrauten inzwischen dem Bündnis aus konservativer ÖVP und Grünen aufgrund des fehlgeschlagenen Corona-Managements nicht mehr, sagte der Politologe Peter Filzmaier am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Wie verschiedene Studien weiter zeigten, umfasse das Unbehagen in hohem Maß auch die Opposition. »Das Gefühl der Alternativlosigkeit macht die Sache noch schlimmer«, sagte Filzmaier.
Die Regierung verfalle auch aktuell in den Fehler, mit Versprechungen zu arbeiten, deren Einhaltung niemand garantieren könne. »Niemand kann sagen, ob die Corona-Zahlen in 20 Tagen wirklich auf einem Niveau sind, dass der Lockdown endet.« Seit Montag gelten in Österreich zum vierten Mal Ausgangsbeschränkungen, mit denen die Pandemie eingedämmt werden soll.
Joggingrunde erlaubt
Geöffnet sind nur noch Geschäfte des täglichen Bedarfs. Der Kulturbetrieb ruht, die Museen, die Zoos, die Fitnessstudios haben geschlossen. Die Menschen dürfen ihr Zuhause nur aus triftigem Grund verlassen. Dazu zählen auch ein Spaziergang oder eine Joggingrunde. Die Schulen sind geöffnet - es ist den Eltern überlassen, ob sie ihren Nachwuchs zum Unterricht schicken. Die Polizei will mit zahlreichen Kontrollen überwachen, ob die Vorschriften eingehalten werden. Erwartungsgemäß waren die Geschäftsstraßen in vielen Städten weitgehend leer.
Die ÖVP hatte im Sommer auf Plakaten bereits das Ende der Pandemie ausgerufen. Die Impfkampagne erreichte einen Tiefpunkt. Viele Medien gehen davon aus, dass aus Rücksicht auf die Landtagswahl in Oberösterreich im Herbst die drohende Gefahr heruntergespielt wurde.
Vorbereitung auf die fünfte Welle
Nach Ansicht von Filzmaier wäre es höchste Zeit, durch umsichtige Vorbereitung auf eine fünfte Welle das Vertrauen langsam wieder zurückzugewinnen. Dazu könne die Beschaffung von gegen Corona wirksamen Medikamenten oder die künftig reibungslose Verteilung von Impfstoffen gerade auch im Fall von Mutationen gehören. »Es reicht nicht, mit positiven Schlagwörtern und Teil-Wahrheiten zu arbeiten«, sagte der Politologe.
Zum Start des Lockdowns wurde mit 13 806 Fällen der bisher höchste Wert an Neuinfektionen binnen 24 Stunden an einem Montag verzeichnet. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag bei rund 1100. Die Auslastung der Kliniken und der Intensivstationen stieg erneut. Der Lockdown soll nach bisherigen Angaben der Regierung am 13. Dezember enden. Für Ungeimpfte soll er unbefristet andauern. Zusätzlich ist eine Corona-Impfpflicht ab Februar 2022 geplant. Die Details wie auch etwaige Sanktionen bei Nicht-Beachtung werden noch beraten. Aktuell sind etwa 66 Prozent der Österreicher vollständig geimpft. Die Impfbereitschaft hat seit der Einführung der 3G-Regel am Arbeitsplatz und der 2G-Regel im öffentlichen Raum zuletzt stark zugenommen. (dpa)