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Harris und Biden dringen auf Geisel-Deal - Kritik aus Israel

Israels Regierungschef führt politische Gespräche mit US-Präsident Biden und seiner Vize Harris. Die Präsidentschaftsbewerberin wählt besonders mahnende Worte - und stößt damit prompt auf Kritik.

Netanjahu in den USA - Treffen mit Harris
Harris mahnt zu einem Abkommen im Gaza-Krieg. Foto: Julia Nikhinson/DPA
Harris mahnt zu einem Abkommen im Gaza-Krieg.
Foto: Julia Nikhinson/DPA

Die USA haben den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu zu einem zügigen Abkommen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und die Freilassung der Geiseln gedrängt. Vor allem US-Vizepräsidentin und Präsidentschaftsbewerberin Kamala Harris richtete mit Blick auf die humanitäre Lage in Gaza mahnende Worte an Netanjahu. »Wir können angesichts dieser Tragödien nicht wegschauen. Wir können es uns nicht erlauben, angesichts des Leids gefühllos zu werden, und ich werde nicht schweigen«, sagte Harris nach einem Treffen mit Netanjahu. Ihre Worte stießen in Israels Regierung prompt auf Kritik.

Dass Harris von einer schlimmen humanitären Krise im Gazastreifen und der Notwendigkeit gesprochen habe, den Krieg zu beenden, habe den Geiselverhandlungen geschadet, zitierten israelische Medien einen nicht genannten ranghohen israelischen Beamten. 

Für Harris war das Treffen mit Netanjahu die erste wichtige Bewährungsprobe in ihrer Rolle als voraussichtliche Ersatzkandidatin der Demokraten im Präsidentschaftswahlkampf. Sie will bei der US-Wahl am 5. November den Republikaner Donald Trump schlagen, nachdem sich Präsident Joe Biden aus dem Rennen zurückgezogen hatte. Netanjahu will Trump heute noch treffen.

Harris und Biden machen Druck auf Netanjahu

Zuvor wies auch Biden bei seinem Treffen mit Netanjahu auf die Notwendigkeit hin, »die verbleibenden Lücken zu schließen, das Abkommen so schnell wie möglich abzuschließen, die Geiseln nach Hause zu bringen und ein dauerhaftes Ende des Krieges in Gaza zu erreichen«, teilte das Weiße Haus mit. Angehörige amerikanisch-israelischer Geiseln schöpften nach einem separaten Treffen mit Biden und Netanjahu laut einem Bericht neue Hoffnung, dass ein Deal mit der islamistischen Hamas in Kürze gelingen könnte. 

Sie seien nun »optimistischer als zuvor«, zitierte das US-Nachrichtenportal »Axios« drei Quellen, die bei dem Treffen dabei waren. Netanjahu habe den Angehörigen im Beisein von Biden zugesagt, Israel werde innerhalb weniger Tage einen aktualisierten Vorschlag für ein Abkommen vorlegen, hieß es. In der kommenden Woche sollen die indirekten Verhandlungen, bei denen die USA, Katar und Ägypten als Vermittler fungieren, in Doha fortgesetzt werden.

Harris mahnt humanitäre Hilfe an

Netanjahu hatte bei einer Rede am Mittwoch vor beiden Kammern des US-Kongresses entgegen den Hoffnungen von Angehörigen der 115 in Gaza verbliebenen Geiseln keine Vereinbarung angekündigt und stattdessen jegliche Kritik am Vorgehen im Gazastreifen zurückgewiesen. Dank der Führung von Biden liege ein Abkommen auf dem Tisch, sagte Harris. Es gebe »hoffnungsvolle Fortschritte bei den Gesprächen«. 

Wie Biden drängte Harris Netanjahu, die humanitäre Hilfe in Gaza zu verstärken und den Schutz der Zivilbevölkerung zu verbessern. »Israel hat das Recht, sich zu verteidigen, und es ist wichtig, wie es das tut«, sagte Harris nach ihrem Treffen mit Israels Regierungschef. Sie habe ihre »ernste Besorgnis über das Ausmaß des menschlichen Leids im Gazastreifen zum Ausdruck gebracht«. Dazu gehöre der Tod von »zu vielen unschuldigen Zivilisten«, sagte sie.

 

Trump: Mit mir als Präsident wäre Massaker vom 7. Oktober nicht passiert

Vor dem heutigen Treffen Trumps mit Netanjahu meldete sich der Republikaner in einer Sendung des US-Senders Fox News zu Wort. Mit Blick auf den Krieg im Gazastreifen und den Besuch Netanjahus in Florida in seinem Anwesen Mar-a-Lago sagte er: »Ich möchte, dass er es schnell zu Ende bringt.« 

Mit ihm als US-Präsidenten wäre das Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober nicht passiert, behauptete Trump. »Wissen Sie, der 7. Oktober wäre nie passiert. Wenn ich Präsident gewesen wäre, hätte es dazu keine Möglichkeit gegeben. Der Iran wäre pleite gewesen, es hätte kein Geld für die Hamas oder Hisbollah gegeben. Es wäre einfach nicht passiert - keine Chance«, sagte der 78-Jährige. Das Massaker war Auslöser des Krieges im Gazastreifen. 

Lobende Worte für Trump in Netanjahu-Rede zuvor

Netanjahu hatte Trump in seiner Rede vor dem US-Kongress am Mittwoch lobend erwähnt. Er war ausführlich auf die Verdienste Trumps während dessen Amtszeit als Präsident von 2017 bis 2021 eingegangen. Dabei hob er explizit das sogenannte Abraham-Abkommen hervor. Die Emirate und Bahrain hatten 2020 unter Trumps Vermittlung als erste Golfstaaten ein Abkommen zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Israel unterzeichnet. 

»Ich möchte Präsident Trump auch für all die Dinge danken, die er für Israel getan hat«, sagte Netanjahu in seiner Rede weiter, »von der Anerkennung der Souveränität Israels über die Golanhöhen, dem Entgegentreten der iranischen Aggression bis zur Anerkennung Jerusalems als unsere Hauptstadt und der Verlegung der amerikanischen Botschaft«. 

Details zu dem Treffen sind bisher nicht bekannt. Der frühere US-Präsident kündigte die Einladung auf seiner Online-Plattform Truth Social an. Netanjahu hatte das Treffen Berichten zufolge erbeten. Biden könnte das Treffen als Affront werten. Trump, der sich in der heißen Phase des Wahlkampfs befindet, sorgt mit dem Empfang hochrangiger Staatsgäste immer wieder für Schlagzeilen. Erst vor Kurzem hatte der Republikaner Ungarns Regierungschef Viktor Orban in seinem Anwesen empfangen. 

© dpa-infocom, dpa:240725-930-184675/4