WASHINGTON/BERLIN. US-Präsident Donald Trump erwägt, den diesjährigen G7-Gipfel nun doch als reales Treffen und nicht per Video abzuhalten.
Trump schrieb auf Twitter, da sich das Land von der Corona-Krise erhole, denke er darüber nach, die Zusammenkunft am ursprünglich geplanten Termin oder an einem »ähnlichen Datum« in Camp David, dem Landsitz des US-Präsidenten, zu veranstalten. Dies wäre ein großartiges Signal der Normalisierung, erklärte er. Die anderen Länder starteten auch bereits ihr Comeback, schrieb Trump weiter. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich betont zurückhaltend zu dem überraschenden Vorstoß aus dem Weißen Haus.
Die US-Regierung hatte im März das für Mitte Juni in den USA geplante Gipfeltreffen der sieben führenden Wirtschaftsnationen wegen der Coronavirus-Pandemie abgesagt und stattdessen eine Videokonferenz angesetzt. Der Gipfel hätte den ursprünglichen Plänen nach vom 10. bis 12. Juni in Camp David stattfinden sollen. Was genau nun aus der Zusammenkunft wird, ist nach Trumps Tweet offen.
Der US-Präsident ist 2020 Gastgeber des G7-Gipfels und konnte damit den Ort auswählen. Zu der »Gruppe der Sieben« gehören neben den USA Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan.
Merkel ließ offen, ob sie einer Einladung Trumps zu einem realen G7-Treffen in wenigen Wochen folgen würde. In welcher Form auch immer dieses Treffen stattfinde, »ob als Videokonferenz oder anders, ich werde auf jeden Fall für den Multilateralismus kämpfen. Das ist ganz klar. Sowohl bei G7 als auch bei G20«, sagte Merkel in Berlin.
Auf die Nachfrage, ob sie bei einer Einladung Trumps zu einem Treffen der G7 in die USA reisen würde, entgegnete Merkel: »Ich wollte das sagen, was ich gesagt habe. Das Weitere warten wir einfach mal ab. Ich habe meine Worte mit Bedacht gewählt.«
Nach Angaben des Weißen Hauses brachte Trump das Thema auch in einem Telefonat mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf. Trump habe deutlich gemacht, dass er sich auf eine baldige Zusammenkunft der G7 freue, hieß es.
Trump versucht seit Wochen, in der Corona-Pandemie Zuversicht zu versprühen, und stellt seit längerem eine schnelle Erholung des Landes von der Krise in Aussicht. Die USA sind von der Corona-Pandemie schwer getroffen - in absoluten Zahlen sogar weltweit am stärksten, mit mehr als 1,5 Millionen bekannten Infektionen und mehr als 92.000 Toten.
Infolge der rasanten Ausbreitung des Pandemie hatten die meisten US-Bundesstaaten strikte Ausgangsbeschränkungen verhängt. Das öffentliche Leben kam so in weiten Teilen zum Erliegen und stürzte die Wirtschaft des Landes in eine schwere Krise. Inzwischen haben die US-Bundesstaaten diverse Lockerungen der Corona-Beschränkungen auf den Weg gebracht. Experten zufolge ist die Krise in den Vereinigten Staaten aber keineswegs überstanden. Auch europäische Länder sind trotz erster Lockerungen noch weit von einer kompletten Rückkehr zur Normalität entfernt.
Bislang gelten außerdem strenge Reisebeschränkungen zwischen den USA und Europa, was zusätzliche Fragen zur Machbarkeit eines baldigen persönlichen Gipfeltreffens aufwirft. Angesichts der schwerwiegenden Auswirkungen der Pandemie in mehreren europäischen Staaten hatte Trump Mitte März einen Einreisestopp für Ausländer aus dem Schengenraum, Großbritannien und Irland verhängt. Die Europäische Union hatte Mitte März ihrerseits ebenfalls Einreisebeschränkungen für Bürger der allermeisten Nicht-EU-Staaten eingeführt, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen.
Ohnehin sind Gipfeltreffen wie der G7 ein gewaltiger logistischer Kraftakt. Ob es möglich wäre, in so kurzer Zeit nun doch eine persönliche Zusammenkunft großer Delegationen aus den G7-Staaten auf die Beine zu stellen, ist fraglich. (dpa)