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Studie sieht wachsenden Zusammenhalt in Corona-Krise

Die Pandemie hat jeden einzelnen vor Herausforderungen gestellt. Hat die Corona-Krise der Solidarität in der Gesellschaft geschadet? Nein, heißt es in einer Studie, im Gegenteil. Aber es gibt auch Schatten.

GÜTERSLOH. Der gesellschaftliche Zusammenhalt hat sich einer Studie zufolge in der Corona-Krise als robust erwiesen und ist nach Ausbruch der Pandemie sogar noch gewachsen.

Zugleich seien in der Ausnahmesituation aber auch soziale Unterschiede sichtbarer geworden. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Mittwoch veröffentlichte repräsentative Befragung der Bertelsmann Stiftung.

Für den »Radar gesellschaftlicher Zusammenhalt 2020« waren zunächst von Anfang Februar bis Ende März 3010 Personen ab 16 Jahren repräsentativ befragt worden. Und 1000 von ihnen dann erneut Ende Mai bis Mitte Juni - also nach Ende der strengen Kontaktbeschränkungen. Demnach bewerteten die Menschen in Deutschland den sozialen Zusammenhalt nach dem ersten Höhepunkt der Corona-Pandemie im Frühsommer positiver als noch Anfang des Jahres. Und im Vergleich zur Untersuchung zuvor von 2017 erweise sich der Zusammenhalt als stabil.

Im Einzelnen sahen im Februar, also vor Beginn des Lockdowns in Deutschland, 46 Prozent der Befragten den Zusammenhalt als gefährdet an. Im März, als in ganz Deutschland Schulen und Kitas schlossen und das öffentliche Leben massiv eingeschränkt wurde, waren es laut Stiftung noch 40 Prozent - im Mai und Juni dann nur noch 36 Prozent. Im Februar fanden 41 Prozent, die Bürger kümmerten sich nicht um ihre Mitmenschen, im Mai und Juni waren nur noch 21 Prozent dieser Auffassung. Zudem sei das Vertrauen in die Bundesregierung gewachsen - von anfangs 19 Prozent auf schließlich 45 Prozent, hieß es.

Viele Bürger seien offenbar erleichtert, dass die Pandemie in ihren Augen bisher glimpflich verlaufen sei, erklärte Studien-Autor Kai Unzicker. »Zugleich haben sie mehrheitlich große Solidarität und Rücksichtnahme erfahren.« Es sei ein Aufschwung bei der allgemeinen Stimmungslage zu verzeichnen.

Auf einer Skala von 0 (gering) bis 100 (hoch) gemessen, seien die Durchschnittswerte für die westdeutschen Bundesländer von 60 (2017) auf aktuell 62 Punkte leicht gestiegen, in Ostdeutschland - mitsamt Berlin - unverändert bei 58 Punkten geblieben.

Es zeichne sich aber auch Schatten ab: »Corona lässt bestehende Verwerfungen deutlicher zum Vorschein kommen«, bilanzierte die Erhebung. Es gebe soziale Gruppen, die den Zusammenhalt deutlich schwächer erlebten - darunter Bürger mit geringerer Bildung, weniger stabilen finanziellen Verhältnissen, auch Alleinlebende, Alleinerziehende und Menschen mit Migrationshintergrund. In dieser Gruppe bestehe auch eine vergleichsweise größere Zukunftsangst.

»Wer vorher schon benachteiligt war, für den stellt sich die Lage in der Krise noch schwieriger dar«, meinte Unzicker. Insgesamt hätten sich im ersten Halbjahr 2020 die Sorgen der Bürger trotz Pandemie und aufziehender Wirtschaftskrise aber eher reduziert. Die Angst, arm oder arbeitslos zu werden, nahm zwischen Februar und Juni der Befragung zufolge ab.

Überraschend aus Sicht der Studie-Autoren: Anhänger von Grünen, Union, SPD und FDP schätzen den Zusammenhalt deutlich positiver ein als Anhänger von Linkspartei und besonders der AfD sowie politisch ungebundene Personen. (dpa)