BERLIN. Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, hat vor einer heftigen vierten Corona-Welle im Herbst gewarnt.
»Wenn wir die aktuellen Impfquoten nicht drastisch steigern, dann kann die aktuelle vierte Welle im Herbst einen fulminanten Verlauf nehmen«, sagte Wieler. »Die Pandemie ist noch nicht vorbei.« Schon jetzt steige die Zahl der Menschen, die im Krankenhaus behandelt werden müssten – insbesondere auch bei jüngeren Menschen. Die allermeisten von ihnen seien ungeimpft.
Je mehr Menschen sich impfen ließen, desto weniger schlimm verlaufe die vierte Welle und desto früher sei die Pandemie beendet, betonte der RKI-Chef. »Es liegt in unseren eigenen Händen, viele schwere Verläufe und auch Todesfälle zu verhindern.« Das Risiko, mit einer Corona-Infektion ins Krankenhaus zu müssen, sei bei Geimpften derzeit zehnmal geringer als bei Ungeimpften.
Laut Schätzungen des RKI seien durch Impfungen zwischen Januar und Juli etwa 77.000 Krankenhausaufenthalte und rund 20.000 Fälle auf Intensivstationen verhindert worden. Das sei ein »wirklich großartiger Erfolg der Impfung«, sagte Wieler. Schätzungsweise hätten Impfungen in dem Zeitraum über 700.000 Infektionsfälle vermieden.
Spahn erneuert Impfappell
»Was uns wirklich allen klar sein muss: Wer sich nicht impfen lässt, wird sich auf absehbare Zeit mit Sars-CoV-2 infizieren«, warnte Wieler. Er betonte: »Alle, die sich impfen lassen können, sich aber noch nicht haben impfen lassen: Bitte lassen Sie sich impfen. Und das gilt für alle Menschen in unserem Land, die älter als zwölf Jahre sind.«
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat erneut an die Bevölkerung appelliert, sich gegen Corona impfen zu lassen. »Jede einzelne Impfentscheidung entscheidet auch darüber, wie sicher wir gemeinsam durch Herbst und Winter kommen«, sagte der CDU-Politiker.
66 Prozent der Bevölkerung sind Spahns Angaben zufolge mindestens einmal geimpft, 61,6 Prozent hätten vollen Impfschutz, wie der Minister auf Twitter schrieb.
Neustart der Impfkampagne gefordert
Ärztepräsident Klaus Reinhardt fordert wegen der stockenden Impfkampagne einen Neustart. Viele Ungeimpfte seien keine überzeugten Impfverweigerer, sagte der Präsident der Bundesärztekammer der Deutschen Presse-Agentur. »Um diese Unentschlossenen zu erreichen, muss die Impfkampagne in Deutschland komplett neu aufgestellt werden.« Die Aufforderung »Ärmel hoch« habe anfangs genützt. »Jetzt aber brauchen wir viel zielgenauere Kommunikationsmaßnahmen und niedrigschwellige Impfangebote.« Gefragt seien kreative Konzepte. »Die Impfquote ist in ganz Deutschland zu niedrig, insbesondere aber in den östlichen Bundesländern«, erklärte Reinhardt.
Aktionswoche »Hier wird geimpft«
Die Bundesregierung will mit einer bundesweiten Aktionswoche vom kommenden Montag an Schwung in die Impfungen bringen. Gemeinsam mit den Ländern ruft sie dazu auf, an möglichst vielen Orten einfach wahrzunehmende Angebote zu machen - etwa in Sportvereinen, bei der freiwilligen Feuerwehr, in Apotheken oder Mehrgenerationenhäusern - mit dem Motto: »Hier wird geimpft«. Auf der Internetseite www.hierwirdgeimpft.de sollen Impfangebote zu finden sein. (dpa)