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Rentenerhöhung 2021 könnte im Westen ausfallen

Seit 2010 hat es das nicht mehr gegeben: eine Nullrunde bei den Renten. Im nächsten Jahr könnte es wegen der Corona-Krise zumindest im Westen dazu kommen, schätzt die Deutsche Rentenversicherung. Auch ein Anstieg der Beiträge nach 2021 zeichnet sich ab.

Rente
Zwei Geldstücke liegen auf einem Blatt Papier. Foto: Murat/dpa
Zwei Geldstücke liegen auf einem Blatt Papier.
Foto: Murat/dpa

BERLIN. Nach jahrelangen Rentensteigerungen könnte die übliche Erhöhung der Altersbezüge im kommenden Jahr wegen der Corona-Krise im Westen Deutschlands ausfallen.

Im Osten wird es voraussichtlich nur eine Mini-Anhebung um 0,7 Prozent geben. Außerdem drohen nach 2021 Beitragssteigerungen. Zu dieser Einschätzung kommt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Rentenversicherung, Alexander Gunkel.

Nach derzeitigem Stand sei davon auszugehen, dass die Renten im Westen im kommenden Jahr nicht steigen werden, sagte er am Donnerstag bei der Bundesvertreterversammlung der Rentenversicherung.

Zum letzten Mal ist es 2010 - im Jahr nach der Finanzkrise - passiert, dass eine Rentenerhöhung ausfiel. Seitdem sind die Renten jedes Jahr gestiegen, zum Teil kräftig. Auch ab Juli dieses Jahres bekommen die rund 21 Millionen Rentner mehr: im Osten 4,2 und im Westen 3,45 Prozent. Grundlage für die jährliche Anpassung ist unter anderem die Lohnentwicklung im Vorjahr.

Die Annahmen gingen nun von sinkenden Durchschnittslöhnen und einer niedrigeren Zahl an Beitragszahlern aus, sagte Gunkel mit Blick auf die Corona-Krise. Er verwies zugleich darauf, dass Rentenkürzungen durch eine Schutzklausel gesetzlich ausgeschlossen seien.

Den voraussichtlich leichten Anstieg im Osten im Vergleich zur möglichen Nullrunde im Westen erklärt die Rentenversicherung mit der sogenannten Angleichungstreppe: Bis 2024 wird der Rentenwert im Osten schrittweise an den im Westen angepasst, bis er gleich hoch ist.

Eine endgültige Entscheidung über die Rentenanpassung zum 1. Juli 2021 fällt allerdings erst nächstes Jahr. Die jährliche Anpassung wird von der Bundesregierung per Verordnung üblicherweise im Frühjahr festgelegt. Der Bundesrat muss zustimmen.

Die Corona-Krise werden aber wahrscheinlich nicht nur die Rentner zu spüren bekommen, sondern nach Einschätzung der Rentenversicherung auch die Beitragszahler. Nach ihrer Vorausberechnung bleibe der Beitragssatz zwar 2021 konstant bei 18,6 Prozent, sagte Gunkel. Das Niveau wird demnach aber nicht, wie noch vor der Corona-Krise angenommen, bis 2024 zu halten sein. Der Beitragssatz könnte den Aussagen zufolge bereits vor 2024 steigen und bis 2025 wahrscheinlich 20 Prozent erreichen.

Bei 20 Prozent ist per Gesetz eine sogenannte Haltelinie eingezogen, weiter darf der Satz bis 2025 nicht ansteigen. Für die Zeit danach hatte eine Kommission aus Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern, Wissenschaftlern und Fachpolitikern Reformvorschläge vorgelegt. Sozialminister Hubertus Heil (SPD) hatte danach angekündigt, noch in diesem Jahr eine langfristige Rentenreform angehen zu wollen.

»Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise lassen sich derzeit nur sehr schwer abschätzen«, sagte Gunkel. Die starke Zunahme der Kurzarbeit und auch die gestiegene Arbeitslosigkeit infolge der Pandemie wirken sich seinen Angaben zufolge bei der Rentenversicherung begrenzt aus, da auch bei Kurzarbeit mindestens Beiträge in Höhe von 80 Prozent des bisherigen Entgelts gezahlt würden und die Bundesagentur für Arbeit Rentenversicherungsbeiträge für Empfänger von Arbeitslosengeld I zahle. Für 2020 rechnet Gunkel mit einem Defizit in der Rentenkasse von etwa 4,3 Milliarden Euro.

Beim Blick auf die weitere Finanzentwicklung müssen laut Rentenversicherung auch die Auswirkung der geplanten Grundrente berücksichtigt werden. Sie soll 2021 starten und wird allein im ersten Jahr voraussichtlich zu Mehrkosten von 1,3 Milliarden Euro führen, dazu kommen Verwaltungs- und Verfahrenskosten. Die Rentenversicherung fordert, dass auch diese vom Bund erstattet werden.

Kritik an den Prognosen kam am Donnerstag von der Linken. Parteichef Bernd Riexinger schrieb bei Twitter, die Krisenkosten dürften nicht auf die Rentner abgewälzt werden. »Vermögensteuer statt Nullrunde bei der Rente!«. Die Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Amira Mohamed Ali, forderte ebenfalls bei Twitter statt einer Renten-Nullrunde und Beitragserhöhungen »eine starke gesetzliche Rente, in die alle Berufstätigen einzahlen. Auch Beamte, Selbstständige und Politiker«. (dpa)

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