Logo
Aktuell Ausland

Rückschlag für Macron: Rentenbeauftragter tritt zurück

In Frankreich lähmen massive Streiks und Demonstrationen gegen die Rentenreform das öffentliche Leben. Mitten in der Krise wirft der Regierungsbeauftragte für das umstrittene Vorhaben das Handtuch - Gegner von Präsident Macron sind zufrieden.

Jean-Paul Delevoye
Der französische Rentenbeauftragte Jean-Paul Delevoye stolperte über lukrative Nebenjobs. Foto: Michel Euler/AP/dpa
Der französische Rentenbeauftragte Jean-Paul Delevoye stolperte über lukrative Nebenjobs. Foto: Michel Euler/AP/dpa

Paris (dpa) - Inmitten von Massenstreiks und Demonstrationen hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den obersten Rentenbeauftragten der Regierung verloren.

Jean-Paul Delevoye trat am Montag nach Enthüllungen über zahlreiche Nebenjobs zurück. Macron habe den Rücktritt von Delevoye mit Bedauern angenommen, berichtete das Präsidialamt in Paris. Der 72 Jahre alte Hochkommissar für die Rentenreform spielte bei dem umstrittenen Vorhaben eine Schlüsselrolle.

Der Rücktritt trifft Macron und die Mitte-Regierung in einer schweren Krise, die das ganze Land im Atem hält. Hunderttausende Menschen gingen in den vergangenen eineinhalb Wochen landesweit gegen die Rentenreform auf die Straßen. Der öffentliche Verkehr mit Zügen ist unterbrochen oder massiv gestört. In Paris fahren viele Metrolinien nicht.

Delevoye, der als Vertrauter Macrons gilt, wurden Interessenkonflikte vorgeworfen. Macrons Erzfeindin, die Rechtspopulistin Marine Le Pen, erklärte via Twitter, die Position Delevoyes sei »unhaltbar« gewesen. Rücktrittsforderungen hatte es auch von Linksaußen gegeben.

Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete, änderte Delevoye am Wochenende eine Erklärung über Nebenämter und gab nun 13 Mandate an - davon sind 11 ehrenamtlich. Dies seien erheblich mehr Nebenjobs als zunächst angegeben.

In einer Erklärung Delevoyes von Mitte November für eine öffentliche Kontrollbehörde war unter anderem von einer mit rund 5300 Euro pro Monat vergüteten Stellung bei einer Denkfabrik die Rede. Delevoye habe zugesagt, die Summe von zusammen rund 120.000 Euro zurückzuzahlen, hatte es aus seiner Umgebung geheißen.

Sein Fehler sei von »schuldhafter Leichtigkeit«, räumte der aus Nordfrankreich stammende Delevoye in einer Erklärung ein. Er zahle nun dafür. Seit mehr als zwei Jahren habe er die Rentenreform vorbereitet, die das Kernstück der Reformpolitik des sozialliberalen Macrons ist.

Delevoye, der ursprünglich von der bürgerlichen Rechten stammt, beklagte »heftige Attacken« und »lügenhafte Vermengungen« gegen ihn. »Dieses Vorhaben ist bedeutend für Frankreich«, resümierte er mit Blick auf die Reform. Falls er bleibe, würde er es schwächen.

Premierminister Édouard Philippe hatte im Konflikt um die Reform in der vergangenen Woche Zugeständnisse angekündigt und ein Ende der Massenstreiks gefordert. Die Mitte-Regierung hält zwar an den Grundprinzipien des Vorhabens fest, plant allerdings inzwischen lange Übergangsfristen.

Den Gewerkschaften reicht das aber nicht aus. Mit der Reform wollen Macron und die Regierung die Zersplitterung in 42 Renten-Einzelsysteme, von denen einige zahlreiche Sonderrechte und Privilegien mit sich bringen, beenden und Menschen auch dazu bringen, länger zu arbeiten.

Dienstag könnte nun ein entscheidender Tag werden: Zum einen haben mehrere Gewerkschaften erneut zu landesweiten Demonstrationen aufgerufen. Zum anderen will die Staatsbahn SNCF erste Fahrpläne für die Weihnachtswoche bekanntgeben. In Paris wurde ein großer Protestzug angekündigt, der von der Place de la République im Osten der Stadt starten soll. Auch in Lyon oder Nantes wurden Demonstrationen erwartet. Neben Behinderungen im öffentlichen Nah- und Fernverkehr wurde auch erneut mit Ausfällen in Schulen gerechnet.

Am ersten Tag der Massenproteste am 5. Dezember gingen nach Regierungsangaben über 800.000 Menschen im ganzen Land auf die Straßen. Die Hardliner-Gewerkschaft CGT sprach von mehr als 1,5 Millionen Teilnehmern. Am Dienstag vor einer Woche beteiligten sich laut Innenministerium rund 340.000 Menschen an den Demonstrationen. Eisenbahn-Gewerkschaftler hatten bereits gedroht, den Streik auch an den Weihnachtstagen fortzusetzen - damit wäre weiteres Chaos programmiert.

Erklärung von Delevoye bei der Hohen Behörde für die Transparenz im öffentlichen Leben, vom 15.11. 2019 (Frz.)

Tweet Le Pen (Frz.)