Logo
Aktuell Inland

Pflegerat für pragmatische Umsetzung von Impfpflicht

Bis zum 15. März sollen Beschäftigte in Kliniken und Pflegeheimen nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind. Sonst sind die Gesundheitsämter am Zug. So der Plan. Doch es gibt Diskussionen.

Berlin (dpa) - Der Deutsche Pflegerat hat sich für eine pragmatische Umsetzung der ab Mitte März greifenden einrichtungsbezogenen Impfpflicht ausgesprochen und gleichzeitig grundsätzliche Kritik an dem Vorhaben geäußert.

Pflegeratspräsidentin Christine Vogler plädierte für eine Risikoabwägung vor Ort durch das jeweilige Gesundheitsamt. »Es bleibt ja gar nichts anderes übrig. Es kann ja nicht ein Gesundheitsamt sagen, wir ziehen die Leute ab. Was machen wir dann mit den Pflegebedürftigen?«, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Die Forderungen nach einer Verschiebung der Corona-Impfpflicht für Beschäftigte von Kliniken und Pflegeheimen werden lauter. »Die Impfpflicht für medizinisch-pflegerische Berufe darf nicht mit der Brechstange eingeführt werden«, sagte der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der Deutschen Presse-Agentur. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) müsse die Sorgen vor Ort ernst nehmen.

Versorgung von Pflegebedürftigen sei in Gefahr

»Gesundheitsämter, Ordnungsbehörden und Arbeitgeber sehen sich nicht in der Lage, das Mammutwerk bis zum 15. März ohne schwere Verwerfungen durchzusetzen«, sagte Brysch. Lauterbach müsse wissen, dass die Versorgung von bis zu 200.000 Pflegebedürftigen und Kranken in Gefahr sei. »Ein Aufschub ist dringend geboten.«

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), hat von der Bundesregierung Klarheit bei der ab Mitte März geltenden Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken und der Pflege gefordert. »Die Bundesregierung hat viele arbeitsrechtliche und praktische Fragen unbeantwortet gelassen«, sagte er der »Augsburger Allgemeinen«. Damit die Impfpflicht im Gesundheitswesen kein Fehlschlag werde, müsse die Regierung jetzt schnellstens Klarheit schaffen.

Sorge forderte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dazu auf, zu erklären, wie die Impfpflicht tatsächlich umgesetzt werden solle. »Es reicht nicht aus, auf die Gesundheitsämter vor Ort zu verweisen«. Diese arbeiteten seit zwei Jahren im Ausnahme-Modus.

Das von Bundestag und Bundesrat beschlossene Gesetz legt fest, dass Beschäftigte in Einrichtungen mit schutzbedürftigen Menschen wie Pflegeheimen und Kliniken bis 15. März nachweisen müssen, dass sie gegen Corona geimpft oder vor einer Infektion genesen sind - oder ein Attest vorlegen, dass sie nicht geimpft werden können. Arbeitgeber müssen die Gesundheitsämter informieren, wenn dies nicht geschieht.

Gesundheitsämter sehen sich überfordert

Die Gesundheitsämter sehen sich mit der Kontrolle jedoch überfordert. Man rechne damit, dass im Schnitt bei fünf bis zehn Prozent der Mitarbeiter kein eindeutiger Nachweis oder kein vollständiger Impfschutz vorliege und eine Meldung an das Gesundheitsamt erfolge, sagte Elke Bruns-Philipps, die stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, der »Rheinischen Post«.

»Das ist eine erhebliche Belastung mit der Prüfung jedes Einzelfalls, wie es jetzt vorgesehen ist, die die Gesundheitsämter nicht zeitnah bewältigen können«, kritisierte sie. »Es ist grundsätzlich ein Verfahren mit erneuter Fristsetzung des Gesundheitsamtes zur Vorlage von Impfdokumenten und einer Anhörung vorgesehen.« Die Beschäftigten dürfen zunächst einmal weiterarbeiten. Das Gesundheitsamt entscheide »über das weitere Vorgehen und die zu ergreifenden Maßnahmen im Rahmen seines Ermessens«, sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums dem »Business Insider«.

Fragen der weiteren Umsetzung

Der Vorstandschef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, regte eine Fristverlängerung an. »Wir unterstützen die einrichtungsbezogene Impflicht. Allerdings sind wesentliche Fragen der weiteren Umsetzung noch ungeklärt, und deshalb kann es notwendig sein, Fristen im Verfahren anzupassen«, sagte er der »Rheinischen Post«.

Wenn das Gesundheitsamt für einen Ungeimpften ein Betretungsverbot für den Arbeitsplatz ausspreche, werde der Betroffene von der Arbeit freigestellt, selbstverständlich ohne Lohnfortzahlung. Aber: »Sollte bei Einzelnen die Erstimpfung bereits vorliegen, können die weiteren Impfungen schnell nachgeholt werden. In diesen Fällen können wir uns pragmatische Lösungen, wie zum Beispiel eine Fristverlängerung vorstellen, um die Mitarbeitenden zu halten.« (dpa)