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Niederlande: Rutte berät nach Bruch der Regierung mit König

Wenn der niederländische König seinen Urlaub unterbricht, ist die Lage ernst: Im Streit um die Migrationspolitik ist die Regierung zerbrochen. Ministerpräsident Rutte berät mit dem König die Lage.

Niederländischer Ministerpräsident Rutte
Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande, spricht nach dem wöchentlichen Ministerrat zur Presse. Foto: Robin Utrecht/DPA
Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande, spricht nach dem wöchentlichen Ministerrat zur Presse.
Foto: Robin Utrecht/DPA

Der niederländische Premierminister Mark Rutte hat am Samstag in Schloss Huis ten Bosch bei Den Haag König Willem-Alexander über den Bruch der Regierung informiert. Am Vorabend war die Vier-Parteien-Koalition im Streit um die Migrationspolitik geplatzt. Bereits am Freitagabend hatte Rutte dem König schriftlich den Rücktritt des Kabinetts angeboten. Vorangegangen war eine Krisensitzung, bei der die Spitzen der Regierungsparteien sich nicht auf einen Kompromiss bei der angestrebten Verschärfung der Asylpraxis hatten einigen können.

Beim Eintreffen am königlichen Schloss sowie nach Abschluss des rund einstündigen Gesprächs gab Rutte sich Reporterfragen gegenüber wortkarg. »Ich sage dazu nichts, das sind immer vertrauliche Gespräche.« Das Staatsoberhaupt hatte seinen Urlaub abgebrochen und war kurzfristig in die Niederlande zurückgekehrt, um sich mit dem Premier zu beraten. Ob der König den Rücktritt der Regierung annimmt, wurde noch nicht bekannt. Rutte ließ bislang offen, ob er erneut bei einer Neuwahl antreten werde. Diese wird nach Einschätzung von Beobachtern wohl erst im November stattfinden.

Die vierte Regierung des Rechtsliberalen war seit Anfang 2022 im Amt. Rutte selbst ist seit knapp 13 Jahren Regierungschef der Niederlande.

Die Unterschiede bei den Regierungsparteien in der Migrationsfrage seien unüberbrückbar, hatte Rutte am Freitagabend gesagt. Er bedauerte diesen Schritt, aber dies sei »eine politische Realität«. Am Montag wird Rutte dem Parlament zum Fall der Regierung Rede und Antwort stehen.

Knackpunkt Familiennachzug

Knackpunkt bei der abendlichen Krisensitzung in Den Haag war eine Beschränkung des Familiennachzugs von Flüchtlingen, die sich bereits im Land aufhalten. Ruttes rechtsliberale Partei VVD hatte die Beschränkung gefordert. Anderen Parteien ging die Forderung zu weit.

Die Niederlande kämpfen mit einer vor allem hausgemachten Asylkrise: Um zu sparen, hatte die Regierung Personal und Plätze in Aufnahmezentren gestrichen. Die Wartezeit für die Bearbeitung von Asylanträgen wurde immer länger. Zusätzlich sorgt die allgemeine Misere auf dem Wohnungsmarkt dafür, dass kaum Plätze in den Wohnheimen frei werden.

Inmitten einer großen Vertrauenskrise in der niederländischen Politik wird der Asylstreit aber auch als ein vorgeschobener Grund für das Auseinanderbrechen der Regierung gesehen. Bei vielen wichtigen Themen, die den Menschen in den Niederlanden unter den Nägeln brennen, werden von der Vier-Parteien-Regierung kaum Entscheidungen getroffen, alles stockt.

Dieser Stillstand dürfte sich bis zu einer Neuwahl kaum auflösen - die Befürchtung wurde am Freitagabend bereits laut. Neben der Migrationspolitik sorgen sich die Menschen in den Niederlanden auch um die Wohnungsnot, die Energiewende sowie die Klimapolitik. Einer der großen Konflikte ist die Zukunft der Landwirtschaft angesichts angekündigter Umweltauflagen.

© dpa-infocom, dpa:230708-99-326951/6