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Nawalny nach Rückkehr verhaftet - Druck auf Moskau wächst

Nach seiner Landung in Moskau ist Kremlgegner Nawalny prompt in Haft gekommen. Das Entsetzen international ist groß, wie der Kreml den 44-Jährigen nach einem Mordanschlag weiter politisch verfolgt. Äußern dürfte sich am Montag auch die Führung in Moskau.

Alexej Nawalny in Haft
An der Passkontrolle ist Kremlkritiker Alexej Nawalny (M) - hier mit seiner Frau Julia - abgeführt worden. Foto: Mstyslav Chernov/AP/dpa
An der Passkontrolle ist Kremlkritiker Alexej Nawalny (M) - hier mit seiner Frau Julia - abgeführt worden. Foto: Mstyslav Chernov/AP/dpa

MOSKAU. Nach der Festnahme des nach Moskau zurückgekehrten Kremlgegners Alexej Nawalny wächst der Druck auf Russland.

Politiker der EU, USA und Deutschlands forderten die russischen Behörden zur sofortigen Freilassung des 44-Jährigen auf. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International stufte den prominenten Gegner von Präsident Wladimir Putin als einen politischen Gefangenen Russlands ein.

Nawalny war am Sonntagabend direkt nach seiner Landung in Moskau festgenommen worden. Der russische Strafvollzug begründete die Festnahme mit Verstößen gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren. Deshalb war Nawalny zur Fahndung ausgeschrieben. Bis zur Entscheidung des Gerichts bleibe er in Untersuchungshaft, hieß es. Der Prozess ist am 29. Januar. Der Kremlkritiker war zuletzt fünf Monate in Deutschland, wo er sich von dem in Russland verübten Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholte.

»Die russischen Behörden müssen Alexej Nawalnys Rechte akzeptieren und ihn umgehend freilassen«, forderte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf Twitter. Als unrechtmäßig kritisierten auch EU-Ratschef Charles Michel und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) die Inhaftierung. Auch die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen forderten die sofortige Freilassung Nawalnys. Die Festnahme sei »völlig inakzeptabel«, hieß es in einer Erklärung der drei an Russland grenzenden EU- und Nato-Länder. Heute dürfte sich Außenminister Sergej Lawrow bei einer Pressekonferenz zu dem Fall äußern.

Nawalny bezeichnete die Verfahren gegen ihn als politische Inszenierung. »Die Wahrheit ist auf meiner Seite«, betonte er. Nawalnys Team spricht von neuen Versuchen, um den prominenten Gegner von Präsident Wladimir Putin mundtot zu machen. Sie bescheinigten Putin, in »Panik« und »Hysterie« zu verfallen.

Der Strafvollzug will nun Nawalnys Bewährungs- in eine echte Haftstrafe umwandeln. Auch russische Juristen wiesen darauf hin, dass Russland mit dem Vorgehen gegen internationales Recht verstoße.

Die russische Politologin Tatjana Stanowaja meinte, dass der Machtapparat in Moskau schon nicht mehr nach politischer Logik handele. Durch solch ein Vorgehen werde Nawalny nicht nur ein Heldenstatus verliehen, sondern auch das Protestpotenzial könne wachsen. Die Geheimdienste und Sicherheitsorgane aber kümmerten sich nicht darum. Sie sähen Nawalny als einen Verbrecher.

Nawalny hatte Putin und den Inlandsgeheimdienst FSB für den Mordanschlag auf ihn verantwortlich gemacht. Putin und der FSB weisen das zurück.

Kritik an der Festnahme Nawalnys gab es auch aus den USA. »Die Vereinigten Staaten verurteilen aufs Schärfste die Entscheidung Russlands, Alexej Nawalny zu inhaftieren«, teilte US-Außenminister Mike Pompeo mit. »Wir nehmen mit großer Sorge zur Kenntnis, dass seine Festnahme der jüngste in einer Reihe von Versuchen ist, Nawalny und andere Oppositionelle und unabhängige Stimmen, die den russischen Behörden kritisch gegenüberstehen, zum Schweigen zu bringen.« Der künftige US-Sicherheitsberater Jake Sullivan forderte Nawalnys sofortige Freilassung und warf dem Kreml Angriffe auf die Menschenrechte vor. Zudem müssten die Verantwortlichen für Nawalnys Vergiftung in Sibirien am 20. August zur Rechenschaft gezogen werden.

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete Nawalnys als »rechtswidrig«. »Diesem Mann ist Unrecht geschehen. Es ist ein Mordanschlag auf ihn verübt worden und er müsste vom Staat beschützt und nicht verhaftet werden«, sagte der Finanzminister im »Bild«-Talk »Die richtigen Fragen«. Es stehe ihm zu, »sich als freier Mann in Russland zu bewegen und sich um politische Mandate zu bewerben«. Das dürfe nicht dazu führen, »dass die Staatsgewalt alles gegen ihn unternimmt«.

Kritik kam auch von den Grünen im Bundestag. Die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt schrieb auf Twitter: »Der Kreml zeigt wieder eindeutig, wie er mit Oppositionellen umgeht und KritikerInnen mit allen Mitteln einschüchtern will.« Manuel Sarrazin, Sprecher für Osteuropapolitik, erklärte: »Der Kreml und Wladimir Putin wollen Alexej Nawalny in diesem Duma-Wahljahr um jeden Preis aus dem Verkehr ziehen.« Das neue Parlament wird im September gewählt.

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff kritisierte den »autoritären Kurs des russischen Präsidenten«. Putin führe das Land in eine Sackgasse. »Die Bundesregierung muss darauf drängen, dass den Anwälten Nawalnys die Gründe für die Verhaftung dargelegt werden und er selber korrekt behandelt wird.« Nawalnys Anwältin empfing Nawalny auf dem Airport, durfte ihn aber nicht begleiten.

Nawalny hatte sich in Deutschland von dem Anschlag mit dem als Chemiewaffe verbotenen Nervengift Nowitschok behandeln lassen. Russland bestreitet, dass es ein Verbrechen gegeben habe und lehnt deshalb Ermittlungen ab, solange es dafür eine Beweise gebe. Allerdings wiesen Labore der Bundeswehr sowie in Frankreich, Schweden und bei der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) den illegalen Kampfstoff Nowitschok nach. Die EU hat wegen des international kritisierten Verbrechens Sanktionen gegen Vertreter des russischen Machtapparats verhängt. (dpa)