BERLIN. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) fordert neue Konzepte in der Corona-Pandemie schon ab Januar. »Noch ein weiteres Jahr wie dieses halten Gesellschaft und Wirtschaft nicht durch«, sagte Laschet der »Rheinischen Post«.
Ab dem Jahreswechsel müssten »kluge Konzepte langfristige Perspektiven für ein Leben mit der Pandemie ermöglichen«, sagte er. »Mit der Zulassung des Impfstoffs sind diese Konzepte auch realistisch.«
Laschet sagte weiter: »Wir können nicht auf Dauer alles schließen, und der Staat bezahlt Monat für Monat Milliarden-Ausfälle. Ab dem neuen Jahr wird ein neues Modell nötig sein. Dauerhafte Schließungen und anschließende Ausgleichszahlungen machen den Staat auf Dauer kaputt.«
Kanzleramtsminister Helge Braun blickt unterdessen in der Corona-Krise optimistisch auf das kommende Jahr. »Die Pandemie verliert im nächsten Jahr ihren Schrecken«, sagte der CDU-Politiker dem »Handelsblatt«. »Wir müssen als Gesellschaft den Dezember und die Monate bis zum März durchhalten mit Einhaltung der AHA-Regeln und der Reduzierung unserer Kontakte. Wo das nicht reicht, sind Einschnitte unvermeidbar. Dann kommen der Frühling und hoffentlich auch der Impfstoff.«
Es sei gelungen, das exponentielle Wachstum der Infektionszahlen auf einem Niveau zu stoppen, das das Gesundheitssystem fordere, aber gerade noch nicht überfordere. 400 Tote pro Tag seien aber zu viel. »Deshalb hätte ich im Oktober gerne weiter gehende Beschlüsse gefasst.«
Am Wochenende hatte zum Beginn der Adventszeit auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der Bevölkerung Mut zugesprochen. Die Fortschritte der medizinischen Forschung gäben Hoffnung, dass das Virus nicht dauerhaft den Alltag beherrsche, schrieb das Staatsoberhaupt in einem Gastbeitrag für die »Bild am Sonntag«.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sprach sich dafür aus, mehr Corona-Schnelltests einzusetzen als bislang. Priorität müssten Einrichtungen des Gesundheitswesens haben, etwa Seniorenheime oder Krankenhäuser. »Später ist vorstellbar, vor größeren Veranstaltungen, wenn diese wieder zugelassen werden, Schnelltests durchzuführen«, sagte er dem »Mannheimer Morgen«.
Die Gefahr eines explosionsartigen Anstiegs der Corona-Infektionszahlen über die Weihnachtsfeiertage sieht Reinhardt nicht. »Dass Weihnachten zu einem bundesweiten Superspreading-Event wird, halte ich für unwahrscheinlich.« Wenn die Menschen sich an die Infektionsschutzbestimmungen hielten, seien die zeitlich begrenzten Lockerungen vertretbar und aus psychosozialen Gründen sogar geboten.
Der Virologe Alexander Kekulé schlug ein privates Corona-Meldesystem für Veranstaltungen ab 20 Personen vor. »Alle Veranstalter, auch die privaten, sollten in die Pflicht genommen werden, die Teilnehmer zu registrieren«, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). Sei ein Teilnehmer positiv, könne der Veranstalter alle anderen warnen. »Dadurch könnte man ein paralleles Meldesystem einziehen, das auf privater Ebene viel, viel schneller ist und das eine höhere Bereitschaft zur Mitwirkung hätte«, sagte Kekulé.
Mit Blick auf Weihnachten sagte Kekulé, es gebe »die ernstzunehmende besondere Gefahr, dass sich viele Menschen infizieren, die über 70 Jahre alt sind. Und diese haben, wenn sie sich infizieren, ein Sterberisiko von fast zehn Prozent. Aber ich denke, dass wir dieses Risiko steuern können«. Die in der vergangenen Woche von Bund und Ländern beschlossenen Maßnahmen beinhalteten die Möglichkeit, dass bis Weihnachten die Infektionszahlen deutlich gesunken seien. »Die Politik wettet hier auf fallende Zahlen. Wenn es sehr viel anders kommt, haben die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin ein Kommunikationsproblem.«
Mit einer Impfung der gesunden Allgemeinbevölkerung rechnet Kekulé nach eigener Aussage im Zeitraum April bis Juni. »Im Sommer könnte die Seuche dann verschwinden und im Herbst hoffentlich nicht wiederkommen. Das ist mein optimistisches Szenario.« (dpa)