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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

An der Front steht die Ukraine weiter unter russischem Dauerdruck. Doch auf politischer Ebene ist Kiew froh über einen weiteren Schritt Richtung Europa. Die News im Überblick.

Ukraine-Krieg - Saporischschja
Ukrainische Soldaten schauen das EM-Spiel zwischen der Ukraine und der Slowakei. Selenskyj gratulierte dem Team zum 2:1-Sieg. Foto: Andriy Andriyenko/DPA
Ukrainische Soldaten schauen das EM-Spiel zwischen der Ukraine und der Slowakei. Selenskyj gratulierte dem Team zum 2:1-Sieg.
Foto: Andriy Andriyenko/DPA

Die Ukraine ist nach Angaben ihres Präsidenten Wolodymyr Selenskyj einen großen Schritt weiter auf dem Weg in die EU. »Die Europäische Union hat den Verhandlungsrahmen für die Ukraine gebilligt - viele haben auf verschiedenen Ebenen dafür gekämpft«, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Damit könnten die Verhandlungen nun tatsächlich beginnen. Das sei ein »bedeutender Erfolg«.

Nach Selenskyjs Angaben hat Kiew bereits eine Verhandlungsdelegation für die Beitrittsgespräche gebildet. Der Staatschef zeigte sich davon überzeugt, dass die Verhandlungen erfolgreich verlaufen. »Die Ukraine ist und bleibt ein Teil des vereinten Europas«, sagte er. Daneben gratulierte er auch dem Nachbarland Moldau, mit dem die EU ebenfalls nächste Woche Beitrittsverhandlungen aufnehmen will.

Ein Glückwunsch und Dank ging zudem an die ukrainische Nationalmannschaft, die wenige Stunden zuvor im zweiten Gruppenspiel der Europameisterschaft die Slowakei nach einem frühen Rückstand noch mit 2:1 besiegt hatte. Der Sieg sei ein Mutmacher für die ganze Nation, sagte Selenskyj. Die Nationalelf habe gezeigt: Wenn die Ukrainer sich anstrengen, können sie jeden schlagen.

An der Front bleibt es laut Selenskyj allerdings schwierig. Während es gelungen sei, die Lage im Gebiet Charkiw zu stabilisieren, wo die Russen ihre jüngste Offensive gestartet haben, bleibe es im Gebiet Donezk weiter schwer. Selenskyj nannte dabei speziell den Raum Pokrowsk, wo das russische Militär täglich Dutzende Angriffe starte.

Tote und Verletzte nach russischem Angriff in Charkiw

Bei einem Bombenangriff auf die ostukrainische Stadt Charkiw sind nach Angaben ukrainischer Behörden mehrere Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Nach Behördenangaben stieg die Zahl der Verletzten bis zum Abend auf 56, darunter drei Kinder. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teilte bei X mit, dass drei Menschen getötet worden seien, als eine russische Gleitbombe in einem Wohnhaus eingeschlagen sei. Am Nachmittag war erst von 19, später von 40 Verletzten die Rede gewesen.

Auf Bildern waren schwere Zerstörungen an dem Gebäude zu sehen. Selenskyj verurteilte den neuen Akt der Zerstörung durch russische Terroristen. Er sprach den Angehörigen sein Beileid aus und mahnte einmal mehr westliche Hilfe an.

»Der russische Terror mit Gleitbomben muss und kann gestoppt werden«, sagte Selenskyj. Dafür seien Entschlossenheit und Entscheidungen der Verbündeten nötig, um das Leben der Menschen in dem Land vor dem russischen Raketenterror zu schützen. 

Selenskyj hatte immer wieder mehr Flugabwehrsysteme gefordert. Vor allem müssten die grenznahen Stützpunkte auf russischem Gebiet, von denen die Raketen abgeschossen würden, zerstört werden, sagte er.Neue russische Drohnen-Angriffe in der Nacht

Die ukrainische Flugabwehr registrierte in der Nacht neue russische Drohnen-Angriffe. Unter anderem wurden aus der Region Iwano-Frankiwsk im Westen des Landes mehrere Explosionen gemeldet. Die regionale Militärverwaltung rief die Bevölkerung über die Plattform Telegram auf, keine Fotos von den Einschlägen zu veröffentlichen, »um dem Feind nicht zu helfen«.

Bei den Angriffen entstanden im Süden und Westen der Ukraine erneut Schäden an Objekten der Energieversorgung, wie das Energieministerium in Kiew mitteilte. Wegen der Schäden sei in der gesamten Ukraine mit stundenweisen Ausfällen bei der Versorgung zwischen 14.00 Uhr (13.00 Uhr MESZ) und 24.00 Uhr (23.00 MESZ) zu rechnen, teilte der Energiekonzern Ukrenergo (Ukrenerho mit.

Russland setzt neue Bombe gegen Ukraine ein

Zudem gibt es Berichte, dass das russische Militär bei seiner Offensive im Gebiet Charkiw im Nordosten der Ukraine auf eine neue superschwere Bombe setzt. »Angesichts des bedeutenden Zerstörungseffekts dieses Sprengsatzes kann man den Einsatz als erfolgreich bezeichnen«, zitierte die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass den kremlnahen Militäranalysten Igor Korotschenko.

Die von russischen Militärbloggern veröffentlichten Bilder zeugen von einer gewaltigen Sprengwirkung. Bislang sind zwei Einsätze dokumentiert. Nach dem ersten Bombardement eines Krankenhauses in Lypzi wurde nun mit einer zweiten Bombe ein Schulgebäude in derselben Ortschaft zerstört. Das russische Militär behauptet, dass sich dort Soldaten aufgehalten hätten, es sich also um militärische Ziele handle.

Die aus Flugzeugen abgeworfene Gleitbombe vom Typ FAB-3000 ist drei Tonnen schwer, wobei allein der Sprengkopf rund 1200 Kilogramm wiegen soll. Da sich die Bombe dank ihrer Flügel ins Ziel lenken lässt, kann sie aus einer Entfernung von mehr als 30 Kilometern abgeworfen werden. Die russischen Piloten klinken die Bomben daher zumeist noch über russischem Gebiet aus. Auch deswegen hat Kiew neben einer verstärkten Flugabwehr auch immer wieder gefordert, mit westlichen Waffen auch militärische Ziele über russischem Gebiet angreifen zu können.

Niederlande liefern weiteres Patriot-Flugabwehrsystem

Hilfe kommt nun aus den Niederlanden. Das Land liefert nach eigenen Angaben zusammen mit einem Partnerstaat der Ukraine ein weiteres Flugabwehrsystem vom Typ Patriot. Es sei gelungen, einen vollständigen Komplex zusammenzustellen, sagte die niederländische Verteidigungsministerin Kasja Ollongren der Nachrichtenagentur ANP zufolge. Die Flugabwehr ist für die Ukraine eins der wichtigsten Themen in diesem Krieg, um sich gegen die ständigen russischen Angriffe aus der Luft zur Wehr setzen zu können.

Das Patriot-System aus den Niederlanden ist bereits das zweite in dieser Woche für Kiew, nachdem zuvor schon Rumänien eins abgegeben hatte.

Britischer Rechtspopulist gibt Westen Mitschuld am Krieg

Der britische Rechtspopulist Nigel Farage hat dem Westen eine Mitschuld am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gegeben. »Wir haben den Krieg provoziert«, sagte der Chef der Partei Reform UK in einem BBC-Interview. Mit Verweis auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin ergänzte er: »Natürlich ist es seine Schuld.«

Die »immerwährende« Osterweiterung der EU und der Nato habe Putin eine Begründung für den Krieg geliefert, sagte Farage weiter. Der Kremlchef habe seinem Volk sagen können, dass der Westen »hinter ihnen her ist«. Diese Begründung, die von den allermeisten Experten zurückgewiesen wird, verwendet auch Putin.

© dpa-infocom, dpa:240622-99-489266/7