BERLIN. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hat sich dafür ausgesprochen, dass in der Corona-Pandemie zumindest vorerkrankten Kindern bis zum Schuljahresbeginn ein Impfangebot unterbreitet wird.
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte grünes Licht für die EU-Zulassung des Biontech-Präparats für Kinder von 12 bis 15 Jahren gegeben. Die formale Zulassung durch die EU-Kommission steht aber noch aus, ebenso die Prüfung der Ständigen Impfkommission (Stiko), ob sie für Deutschland eine Impfung empfiehlt.
»Selbst wenn die Stiko, wie einige ihrer Mitglieder angedeutet haben, die Empfehlung geben würde, zum Beispiel nur vorerkrankte Kinder zu impfen, würde dies dem Gesundheitsschutz dieser Gruppe sehr dienen«, sagte Karliczek dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Sie könnten dann trotz der Vorerkrankung wieder in ihren Alltag zurückkehren, betonte die CDU-Politikerin. Auch dies würde den Schulalltag nach den Sommerferien erleichtern. Denn damit wäre eine weitere Risikogruppe geschützt. »Das Ziel sollte sein, dass die Impfungen für diese Gruppe bis zum Beginn des neuen Schuljahres angeboten werden können«, sagte Karliczek. Sie betonte zugleich die Freiwilligkeit der Impfung.
Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht warnte vor einem Generationenkonflikt bei der Impfstoff-Verteilung. »Es ist mir ganz wichtig, dass in der Frage der Impfungen die Generationen nicht gegeneinander ausgespielt werden«, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Für gesunde Kinder und Jugendliche bestehe nur ein geringes Risiko, schwer an Corona zu erkranken. »Anders ist es bei Älteren, die bei weitem noch nicht alle geimpft werden konnten.« Auch dies müsse bei der Frage der Impfstoffverteilung berücksichtigt werden.
Sie bedauere, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) »hier unrealistische Erwartungen geweckt hat«, sagte die Sozialdemokratin. Spahn hatte vorgeschlagen, Biontech-Dosen für Schüler zu reservieren. Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder hatten dies bei ihren Impf-Beratungen am Donnerstag aber verworfen. Stattdessen sollen sich Kinder wie alle Impfwilligen ab 7. Juni - nach dem Ende der Priorisierung - um einen Impftermin »bemühen« können, wie Merkel gesagt hatte. Am Versprechen, dass alle ein Impfangebot bis spätestens 21. September erhalten, hielt sie fest.
Ihre Kinder impfen lassen will rund die Hälfte der Familien in Deutschland: In einer Civey-Umfrage für die »Augsburger Allgemeine« hatten 51 Prozent der Befragten mit Kindern entsprechend geantwortet, 40 Prozent lehnten eine Schutzimpfung für die Kinder ab.
Für den Bundeselternrat sagte Vorstandsmitglied Ines Weber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, das Motto sei »Impfung ja, jedoch nicht sofort«. Die Impfbereitschaft sei vorhanden, »jedoch wünschen die Eltern ausreichende Studien«.
Für die Studie zum Zulassungsantrag war das Präparat nur an gut 1100 Kindern getestet worden (plus ebenso viele in der Placebogruppe), was zur Zurückhaltung mancher Stiko-Mitglieder in Bezug auf eine Empfehlung für alle Kinder der Altersgruppe führte. Die Stiko-Entscheidung wird in eineinhalb Wochen erwartet. Als wahrscheinlich gilt, dass das Expertengremium die Impfung nur für vorerkrankte Kinder empfiehlt, für die eine Corona-Infektion eine besondere Gefahr bedeutet. Jedoch hat der Impfstoff in den USA schon seit zweieinhalb Wochen eine Notzulassung für ältere Kinder, so dass in absehbarer Zeit auch mehr Daten vorliegen dürften. (dpa)