WASHINGTON. Joe Biden ist der 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Der Oberste Richter der USA, John Roberts, nahm dem 78-jährigen Demokraten am Mittwoch an der Westseite des US-Kapitols in Washington den Amtseid ab.
Zuvor war Kamala Harris als erste Vizepräsidentin des Landes vereidigt worden. Biden löst den Republikaner Donald Trump ab, der entgegen der Tradition nicht an der Amtseinführung seines Nachfolgers teilnahm.
Bei seiner Rede beschwor Biden die Stärke der amerikanischen Demokratie. »Zu dieser Stunde, meine Freunde, hat sich die Demokratie durchgesetzt«, sagte Biden in der US-Hauptstadt Washington.
»Dies ist der Tag der Demokratie, ein Tag der Geschichte und der Hoffnung auf Erneuerung und Entschlossenheit«, so Biden weiter. Es gehe nicht um den Sieg eines Kandidaten, sondern der Herrschaft des Volkes.
Die Amerikaner forderter auf, sich dafür einzusetzen, das Land nach den politischen Grabenkämpfen des Wahlkampfs wieder zu einen. Ohne Einheit könne es keinen Frieden und keinen Fortschritt geben, sondern nur Verbitterung und Ärger. Er werde sich mit ganzem Herzen für Einheit und Versöhnung einsetzen, versprach Biden.
»Ich werde ein Präsident für alle Amerikaner sein«, versprach er. »Nicht jede Meinungsverschiedenheit muss ein Grund für totalen Krieg sein«, mahnte Biden.
Die Zeremonie am US-Kapitol fand unter nie da gewesenen Sicherheitsvorkehrungen statt. Vor zwei Wochen hatten gewalttätige Anhänger des abgewählten Trumps das Parlamentsgebäude gestürmt. Die Angst vor neuerlicher Gewalt rund um die Vereidigung war groß.
Das Zentrum der US-Hauptstadt wurde weiträumig abgeriegelt. Neben zahlreichen Polizisten waren Tausende Mitglieder der Nationalgarde im Einsatz, die insbesondere das Kongressgebäude schützen sollten. Wegen der Corona-Pandemie fand die Amtsübergabe zudem ohne das übliche Massenpublikum statt. Anstelle der Hunderttausenden Menschen fanden fast 200.000 Flaggen auf der Freifläche zwischen dem Kapitol und dem Lincoln Memorial Platz, die die fehlenden Besucher repräsentieren sollten.
Der bekennende Katholik Biden schwor auf eine massive Bibel seiner Familie - wie bei vergangenen Vereidigungen als Vizepräsident der Regierung von Ex-Präsident Barack Obama und als Senator.
Biden hatte die Präsidentenwahl im November mit deutlichem Abstand gewonnen. Er kann bei seinen geplanten Vorhaben auf die Unterstützung des Kongresses bauen, wo sich seine Demokraten bei den Wahlen die Kontrolle beider Kammern sicherten. Trump sieht sich durch massiven Wahlbetrug, für den es keine Belege gibt, um den Sieg gebracht. Er reiste am Morgen aus Washington ab. Er ist der erste scheidende Amtsinhaber seit 1869, der nicht an der Zeremonie am Kapitol teilnahm.
Trumps bisheriger Stellvertreter Mike Pence und seine Ehefrau Karen waren dagegen vor Ort. Im Publikum saßen auch die ehemaligen US-Präsidenten Obama, George W. Bush und Bill Clinton mit ihren Ehepartnerinnen. Mit ihnen wollte Biden unmittelbar nach der Amtseinführung einen Kranz am Grab des unbekannten Soldaten am Nationalfriedhof im an Washington grenzenden Arlington ablegen.
Biden übernimmt von Trump ein tief gespaltenes Land, in dem die Corona-Pandemie weiter wütet, die eine Erholung der angeschlagenen Wirtschaft erschwert und bestehende Ungleichheiten zwischen den ethnischen Bevölkerungsgruppen verstärkt. Im Hintergrund verschärft sich der Klimawandel, den Biden als »existenzielle Bedrohung« betrachtet.
Viele seiner geplanten ersten Amtshandlungen zielen auf die Bewältigung dieser Krisen ab. Noch am Mittwoch wollte Biden die geplante Abkehr von Trumps Regierungskurs einleiten, indem er einen Einreisestopp für Bürger überwiegend muslimisch geprägter Länder und die Aufkündigung des Pariser Klimaabkommens rückgängig machen wollte.
Wegen der Corona-Pandemie fällt auch die traditionelle Ballnacht in Washington aus. Stattdessen sollte es eine von Schauspieler Tom Hanks moderierte virtuelle Feier geben - mit Anmerkungen von Biden und Harris. Auftreten sollten unter anderem die Foo Fighters und Bruce Springsteen.
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