DÜSSELDORF. Gesundheitsminister Jens Spahn schlägt ein europäisches Bündnis zur gegenseitigen Unterstützung im Pandemiefall und bei anderen Gesundheitskrisen vor.
Die neue Allianz könne eine Art »Gesundheits-Nato« sein, sagte der CDU-Politiker der »Rheinischen Post«. Um schnell handlungsfähig zu sein, wenn in einem Mitgliedstaat ein Virus ausbreche, brauche es gemeinsame Strukturen, die auf Experten, Ärzte, Ressourcen zugreifen könnten. Dann müsse man auch nicht 27 Mal nationale Reserven mit Schutzmasken anlegen, sondern könne eine europäische Reserve aufbauen.
Wegen der Knappheit und der Verteuerung von Schutzkleidung und Masken in der Corona-Krise hatte die EU-Kommission schon im März den Aufbau einer solchen strategischen Reserve für alle EU-Staaten angekündigt. Konkret funktioniert das so, dass die EU die Anschaffung voll finanziert, einzelne EU-Staaten aber Kauf und Lagerung übernehmen. Auch soll der europäische Katastrophenschutz drastisch ausgebaut werden und künftig auch über eigene Flugzeuge, Hubschrauber und Feldlazarette verfügen. Das Budget für das Programm RescEU soll um zwei Milliarden Euro aufgestockt werden, wie der zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic Anfang Juni sagte.
Zudem würde Spahn nach eigenen Worten gerne die europäische Gesundheitsbehörde ECDC zu einer Art europäischem Robert Koch-Institut ausbauen. »All das« werde man auch im Zuge der deutschen EU-Ratspräsidentschaft besprechen, die im Juli beginnt.
Grundsätzlich forderte Spahn: »Wir müssen uns als Europa mehr zutrauen und mehr trauen. Zumal in einer zunehmend bipolaren Weltlage, die durch China und die USA bestimmt wird.« Europa als Schutz- und Innovationsgemeinschaft für die 20er-Jahre zu definieren, darum gehe es. Ebenfalls wichtig sei das richtige Maß an Globalisierung. »Bei Schutzmasken und Arzneimitteln sollten wir nicht so abhängig vom Weltmarkt sein.«
Spahn äußerte sich erneut besorgt über Bilder dicht gedrängter Menschenmassen im Park oder auf Demonstrationen. »Wir haben gemeinsam viel erreicht. Nun haben wir es durch unser Verhalten selbst in der Hand, ob wir Deutschen den schwierigsten Teil der Pandemie hinter uns haben.« Das Coronavirus sei noch da, warnte er. »Das sehen wir überall dort, wo man es dem Virus zu leicht macht, etwa beim Feiern wie in Göttingen oder Leer. Dann kommt es schnell zu großen und gefährlichen Ausbrüchen.« (dpa)