Kopenhagen (dpa) - Wie soll die Rückkehr zu einer Art normalem Alltag nach der Corona-Pandemie am besten gelingen? Während Deutschland die geeignetste Exit-Strategie sucht, hat sich eine Reihe von Ländern bereits vorsichtig an eine Lockerung erster Corona-Maßnahmen gewagt.
Dänemark will Krippen, Kindergärten und Schulen bis zur fünften Klasse wieder öffnen, die Österreicher dürfen nach Ostern zumindest wieder in den Baumarkt und in kleinere Geschäfte. Ein Überblick über die Länder, die ihre ersten in der Corona-Krise ergriffenen Maßnahmen lockern oder dies planen:
DÄNEMARK: Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sprach von einer »ersten vorsichtigen Phase« der Öffnung des Landes: In einem ersten Schritt sollen dänische Kinderkrippen, Kindergärten sowie die Schulen für Kinder bis zur fünften Klasse ab dem 15. April wieder öffnen. Damit will die dänische Regierung zunächst die Eltern entlasten, die sich neben der Arbeit im Homeoffice bislang auch noch um ihre jüngeren Kinder kümmern mussten.
Alle weiteren Maßnahmen hat Frederiksen im selben Atemzug um vier Wochen verlängert: Die dänischen Grenzen, auch die nach Deutschland, bleiben vorläufig bis zum 10. Mai dicht. Gleiches gilt - laut Frederiksen zumindest bis zur nächsten Phase der Öffnung - für Restaurants, Cafés, Kneipen sowie Theater und weitere Freizeiteinrichtungen. Versammlungen mit mehr als zehn Personen sind weiter verboten, Großveranstaltungen bis Ende August untersagt.
ÖSTERREICH: Wie Dänemark hatte auch Österreich besonders früh mit strikten Maßnahmen auf das Coronavirus reagiert. In der Alpenrepublik geht es nun am 14. April mit dem zaghaften Rückweg los: Kleine Geschäfte sowie Bau- und Gartenmärkte dürfen dann laut Bundeskanzler Sebastian Kurz unter strengen Auflagen wieder öffnen. Ab dem 1. Mai sollen alle Geschäfte, Einkaufszentren und Friseure folgen dürfen. Ein Zeitplan zur Öffnung von Hotels und Gastronomie soll Ende April stehen, Ziel ist eine Wiederaufnahme des Betriebs ab Mitte Mai.
Die Ausgangsbeschränkungen werden bis Ende April verlängert - das bedeutet, dass man die Wohnung weiter nur mit triftigem Grund verlassen darf. Die Schulen bleiben bis Mitte Mai zu. Veranstaltungen sollen bis Ende Juni nicht stattfinden. Die bestehende Maskenpflicht im Supermarkt wird ab dem 14. April auf alle geöffneten Läden und die öffentlichen Verkehrsmittel ausgedehnt.
TSCHECHIEN: Die Tschechen dürfen nach einem Beschluss ihres Minderheitenkabinetts seit Dienstag wieder Tennis oder Golf spielen. Zudem dürfen erste in der Corona-Krise geschlossene Geschäfte ab Donnerstag wieder öffnen, darunter Hobby- und Baumärkte, der Eisenwarenhandel sowie Fahrradwerkstätten. Gleichzeitig werden die Hygieneregeln für den Einzelhandel verschärft: Der Mindestabstand zwischen Kunden muss zwei Meter betragen, am Eingang müssen Desinfektionsmittel und Einweghandschuhe bereitgestellt werden.
Die Regierung in Prag spricht außerdem davon, dass ab dem 14. April unabdingbare, notwendige Reisen ins Ausland erlaubt werden sollen, also etwa für Arztbesuche oder Geschäftsreisen. Bislang gilt in dem östlichen deutschen Nachbarland ein striktes Ausreiseverbot.
LITAUEN: Auch im EU-Land Litauen keimt Hoffnung auf. »Wir hoffen, dass es nach Ostern möglich sein wird, über eine Lockerung der Quarantänebedingungen nachzudenken. Vor allem, wenn es um kleine Unternehmen geht«, sagte Regierungschef Saulius Skvernelis. Demnach sollen diese Firmen wieder für Kunden öffnen dürfen, wenn sie bestimmte Vorkehrungen wie etwa Zugangsbeschränkungen, Ein- und Auslasskontrollen und erhöhte Hygienestandards erfüllen. Händler und Kunden müssen Schutzkleidung tragen und dürfen keiner Risikogruppe angehören.
Im ersten Schritt wurde am Mittwoch nun wieder der Handel mit Pflanzen, Saatgut und Düngemitteln im Freien an speziellen Orten gestattet. Bislang durften nur Lebensmittel und andere lebenswichtige Güter während der Quarantäne verkauft werden, die von der Regierung zugleich aber bis zum 27. April verlängert wurde. Sie verhängte auch ein Reiseverbot über die Osterfeiertage und ordnete eine Pflicht zum Tragen von Mundschutz an - im Vorgriff auf die vorgesehenen Lockerungen.
NORWEGEN: Die Norweger folgen bei ihrem Weg aus dem Corona-Zustand teilweise ihren skandinavischen Freunden aus Dänemark - und wagen sich noch ein Stück darüber hinaus: Zwar werden die Kindergärten erst am 20. und die Schulen für Erst- bis Viertklässler am 27. April geöffnet, wie Regierungschefin Erna Solberg am Dienstag ankündigte. Doch der Plan aus Oslo geht noch ein bisschen weiter: Zum einen dürfen die Norweger bereits ab dem 20. April wieder auf ihren geliebten Hütten übernachten, zum anderen dürfen ab dann auch Physiotherapeuten und Psychologen ihre Arbeit wiederaufnehmen, sofern sie die entsprechenden Anforderungen zum Vorbeugen eines Ansteckungsrisikos erfüllen. Friseure und Hautpfleger dürfen das sieben Tage später auch.
Hinzu kommt die Hoffnung, alle Schüler noch vor dem Sommer zurück in die Schulen zu bringen. Die Grenzen des Landes bleiben derweil weiter geschlossen. Norweger, die in ihre Heimat zurückkehren, müssen zudem weiter 14 Tage lang in Quarantäne.
SPANIEN: Die besonders schwer von der Corona-Pandemie betroffenen Spanier könnten nach Auffassung der Regierung Ende April Schritt für Schritt zu einer gewissen Normalität zurückkehren. Kurz vor der offiziellen Verlängerung der strikten Ausgangsbeschränkungen bis zum 26. April versicherte Finanzministerin und Regierungssprecherin María Jesús Montero in einem Interview mit dem Sender »Antena 3«, dass die Bürger nach diesem Datum langsam »ihr normales Leben zurückgewinnen können«. Für Menschen, die Straßen und Plätze bevölkerten, soll es aber »klare Anweisungen« der Regierung geben.
Die seit Mitte März geltenden strengen Ausgangsbeschränkungen in dem Land zeigen schrittweise Wirkung. Die Ansteckungskurve habe sich stabilisiert, »sie flacht ab und wir sind in der Phase der Abschwächung«, sagte Gesundheitsminister Salvador Illa.
ITALIEN: In Italien sollen Unternehmen den Anfang machen, bevor die Maßnahmen für die Bevölkerung gelockert werden. Gemäß »Phase 2« - so wird der Plan des neben Spanien europaweit am heftigsten von der Pandemie getroffenen Land genannt - will auch die italienische Regierung Medienberichten zufolge schrittweise und langsam vorgehen. Wissenschaftler sollen dazu Details ausarbeiten.
Es wird damit gerechnet, dass die Arbeit in einigen stillgelegten Firmen in der kommenden Woche wieder anlaufen darf. Weitere Öffnungen von Geschäften und Erleichterungen für die Bürger dürfte es aber erst ab dem 4. Mai geben, hieß es in TV-Berichten. Die Schulen könnten sogar bis nach den Sommerferien, also bis September, geschlossen bleiben. Zuletzt waren die Ausgangsbeschränkungen für die 60 Millionen Italiener, die am 10. März erlassen wurden, bis Ostermontag verlängert worden. Außerdem ist die nicht lebensnotwendige Produktion gestoppt und viele Läden sowie Restaurants sind geschlossen.
CHINA: Im Ursprungsort der Pandemie, dem zentralchinesischen Wuhan, sind mehr als zweieinhalb Monate nach der Abriegelung am Mittwoch auch die letzten Bewegungsbeschränkungen für die elf Millionen Bewohner aufgehoben worden. Der innerstädtische Verkehr wird wieder normalisiert, der Flughafen nimmt seine Flüge wieder auf. Autos dürfen die Stadt wieder verlassen und die Menschen mit dem Zug auch wieder wegreisen - sofern sie denn gesund sind und in einer jetzt überall in China eingesetzten Corona-Gesundheits-App auf ihrem Handy einen grünen Code nachweisen können. Wer Kontakt zu Infizierten hatte, wird darin automatisch auf Rot gesetzt und darf nicht reisen.
Und auch die Vorbeugungsmaßnahmen sind weiter strikt: Auf lokaler Ebene soll weiter Fieber gemessen und Mundschutz getragen werden. Kindergärten, Schulen und Hochschulen bleiben vorerst weiter geschlossen.
IRAN: Präsident Hassan Ruhani kündigte an, dass die Corona-Vorschriften »unter besonders strengen hygienischen Auflagen« in drei Phasen gelockert werden sollen. Ab Samstag (11. April) soll zunächst in den Provinzen die Arbeit in Wirtschaftsbereichen mit geringem Gefährdungsrisiko wieder aufgenommen werden. In der zweiten Phase soll dies dann auch in der Hauptstadt Teheran passieren. Ruhani ließ offen, welche der 49 von Schließungen betroffenen Branchen der in weiten Teilen lahmgelegten Wirtschaft wieder tätig werden sollen.
Die Verbote für Sportanlagen, Festhallen, Friseurläden sowie heilige religiösen Stätten blieben jedoch bestehen. Bis auf Weiteres würden landesweit auch keine Freitagsgebete veranstaltet. In der dritten Phase soll aber dann auch über diese Bereiche entschieden werden, sagte Ruhani.