BERLIN. Angesichts anhaltend hoher Corona-Infektionszahlen schlägt der Bund für Feiern in privaten Räumen eine Obergrenze von 25 Teilnehmern vor.
In öffentlichen Räumen solle die Grenze bei maximal 50 Teilnehmern liegen, heißt es in einem der dpa in Berlin vorliegenden Entwurf einer Beschlussvorlage des Bundes für die Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten an diesem Dienstag. Zuerst hatte die »Bild«-Zeitung über die Zahlen berichtet. Insgesamt schlägt der Bund ein regional abgestuftes Vorgehen vor - keine pauschalen Maßnahmen.
Angesichts der Infektionszahlen sollten derzeit keine weiteren Öffnungsschritte zugelassen werden, heißt es in dem Papier weiter. Die Details des Entwurfes:
Regeln für Restaurants und Alkoholausschank
Um eine korrekte Kontaktnachverfolgung zu ermöglichen, sollen Ordnungsbehörden Verstöße etwa bei falschen persönlichen Angaben in Restaurants mit einem Mindestbußgeld von 50 Euro belegen können. Bund und Länder appellieren hier laut Entwurf an die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger. Diese sollten bei Bar-, Restaurant- und Veranstaltungsbesuchen »durch Angabe richtiger und vollständiger Personendaten und Kontaktinformationen ein schnelles Erkennen und Eindämmen von Corona-Ausbrüchen« unterstützen.
In besonders betroffenen Regionen will der Bund zudem unter bestimmten Bedingungen auch den Alkoholausschank begrenzen lassen. Um Infektionen in der Gastronomie zu minimieren, müssten bei ansteigendem Infektionsgeschehen »zeitlich eingegrenzte Ausschankverbote für Alkohol erlassen werden«.
Private Feiern und Grenzwerte bei Neuinfektionen
Offen ist, ob die genannten Maximalzahlen für private Feiern nur gelten sollen, wenn bestimmte Grenzwerte bei den Neuinfektionen gerissen werden. In dem Entwurf heißt es in sogenannten eckigen Klammern, die Länder würden Regelungen zu Teilnehmerzahlen bei Festen erlassen, wenn in einem Landkreis innerhalb von sieben Tagen die Zahl von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern überschritten ist. Das bedeutet, dass über die kritische Zahl von Neuinfektionen für diese Regelung in der Konferenz noch verhandelt werden muss.
Eine Festlegung niedrigerer Werte durch ein Land oder eine Kommune bleibt nach dem Entwurf jeweils möglich. Ausnahmen könnten für angemeldete Feierlichkeiten mit vom Gesundheitsamt abgenommenen Hygieneplänen zugelassen werden.
Sollten in einem Landkreis innerhalb von 7 Tagen mehr als 50 Menschen pro 100.000 Einwohner infiziert werden, seien weitere Maßnahmen zu erlassen, heißt es in dem Papier weiter. Insbesondere solle dann die Teilnehmerzahl weiter begrenzt werden - nach den Vorstellungen des Bundes auf höchstens 10 Teilnehmer in privaten Räumen und höchstens 25 Teilnehmer in öffentlichen Räumen.
Frühwarnsystem geplant - Corona-Warnampel nicht ausdrücklich genannt
Eine von NRW-Regierungschef Armin Laschet (CDU) und auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vorgeschlagene Corona-Warnampel wird zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Es heißt aber, die Länder würden bereits vor Erreichen einer Zahl von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern »ein geeignetes Frühwarnsystem einrichten, um möglichst ein Überschreiten dieser Inzidenz zu vermeiden«.
Fieberambulanzen für die Herbst- und Winterzeit
Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen und der gleichzeitig zu erwartenden Grippewelle in der Herbst- und Winterzeit schlägt der Bund den Einsatz von Fieber-Ambulanzen vor. Bund und Länder sollten zeitnah ein Konzept vorlegen, wie eine Überlastung vor allem von Krankenhäusern und Hausarztpraxen verhindert werden könne. Ein solches Konzept solle die Möglichkeiten von Fieber-Ambulanzen, Schwerpunktsprechstunden und Schwerpunktpraxen ausloten. Zugleich sollten sich gerade auch Risikogruppen vorsorglich gegen die saisonale Grippe impfen lassen.
AHA-Formel soll durch »L« für Lüften ergänzt werden
Gerade in der kalten Jahreszeit sollen zu der gültigen »AHA«-Formel für Abstand halten, Hygiene und Alltagsmasken zwei weitere Buchstaben hinzugefügt werden: »C« wie Corona-Warn-App und »L« wie Lüften. »Regelmäßiges Stoßlüften in allen privaten und öffentlichen Räumen kann die Gefahr der Ansteckung erheblich verringern«, heißt es.
Appell an die Eigenverantwortlichkeit der Bürgerinnen und Bürger
»Angesichts der sinkenden Temperaturen, des vermehrten Aufenthalts in geschlossenen Räumen in der Herbst- und Winterzeit sowie der drohenden Grippesaison müssen wir jetzt besonders vorsichtig sein«, heißt es mahnend in dem Entwurf. Dies gelte gerade im Bereich der Freizeitgestaltung und privaten Feiern, die sich zuletzt als maßgebliche Ursachen für regionales Infektionsgeschehen gezeigt hätten. Vorrangiges Ziel der Maßnahmen müsse sein, Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen im Präsenzbetrieb weiter zu betreiben und das Wiederanlaufen der Wirtschaft nicht zu gefährden.
Bildungsministerin Karliczek: Schulbetrieb sicherstellen
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek forderte erhöhte Anstrengungen, um den Schulbetrieb sicherzustellen. Sie mache sich »Sorgen, dass die Pandemie wieder den Unterricht in den Schulen gefährdet«, sagte die CDU-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Noch sei die Zahl der Schüler in Quarantäne überschaubar, das müsse aber nicht so bleiben. Die Gesellschaft könne es verhindern, wenn weiter die Grundregeln zur Bekämpfung der Pandemie eingehalten würden. »Aber auch in den Schulen selbst muss von allen Beteiligten diese Disziplin unbedingt aufgebracht werden.«
Kanzlerin warnt vor exponentiellem Anstieg der Corona-Zahlen
Merkel hatte bei einer Videokonferenz des CDU-Präsidiums am Montag nach Angaben aus Teilnehmerkreisen vor einem deutlichen Anstieg der Corona-Neuinfektionen in Deutschland gewarnt. Wenn diese sich wöchentlich so weiterentwickelten, werde es zu Weihnachten 19.200 Neuinfektionen am Tag geben. Die Kanzlerin habe das hochrechnen lassen, hieß es.
Zuletzt hatten Merkel und die Ministerpräsidenten Ende August über Maßnahmen in der Pandemie beraten. Sorgen bereiteten schon damals vor allem Feiern im privaten und Familienkreis, die als eine der Hauptursachen für die steigenden Infektionszahlen gelten. Hier konnten sich Bund und Länder damals nicht auf bundesweit geltende Obergrenzen für Teilnehmerzahlen einigen. (dpa)