BERLIN. Nach der erneuten Verschärfung von Vorkehrungen zur Eindämmung des Coronavirus ziehen Behörden in Deutschland eine positive Bilanz.
Viele Menschen hielten sich mittlerweile an die Auflagen, hieß es auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in den Ländern. Am Vortag hatten sich Bund und Länder für zunächst zwei Wochen auf weitere drastische Einschränkungen des öffentlichen Lebens geeinigt. Ob die neuen Maßnahmen Wirkung zeigen, müsste sich nach 10 bis 14 Tagen an der Entwicklung der Neuinfektionen zeigen.
DIE NEUEN VORGABEN: So werden Ansammlungen von mehr als zwei Personen in der Öffentlichkeit verboten - ausgenommen werden Angehörige, die im eigenen Haushalt leben. Wer sich nicht an die Regeln hält, dem drohen Strafen. Restaurants müssen schließen, ausgenommen ist die Lieferung von Speisen für zu Hause. Friseurläden, Massagepraxen oder Tattoo-Studios müssen dicht machen.
VERHALTEN DER MENSCHEN: Die Menschen in Deutschland halten nach Einschätzung der Behörden inzwischen besser Abstand voneinander als noch zu Beginn der Pandemie. Das ergaben unter anderem Nachfragen in Kommunen in Rheinland-Pfalz. Eine Sprecherin der Polizeidirektion Oldenburg in Niedersachsen sagte: »Die Straßen sind deutlich leerer und die Menschen halten auch beim Spazieren gehen Abstand.« Es gebe auch Hinweise aus der Bevölkerung, etwa zu Restaurants oder Cafés, die entgegen den Auflagen noch nicht geschlossen sind. Auch nach Einschätzung des saarländischen Landespolizeipräsidiums greift die Ausgangsbeschränkung im Großen und Ganzen.
»Bis auf wenige Ausnahmen haben wir festgestellt, dass die Leute sich tatsächlich an die Regeln halten«, sagte ein Polizeisprecher in Kaiserslautern. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Frankfurt sagte: »Der überwiegende Teil der Bevölkerung hält sich an die Vorgaben.« Das Innenministerium Schleswig-Holstein lobte: »Die Bürgerinnen und Bürger haben sich in den vergangenen Tagen sehr besonnen verhalten und überwiegend sehr verständnisvoll auf die Maßnahmen, gerade der Polizei, reagiert.«
Auch in Bayern hielten sich die Menschen nach Einschätzung der Behörden weitgehend an die Auflagen. Die Polizeipräsidien München, Unterfranken und Oberpfalz zogen bis zum Mittag eine weitgehend positive Bilanz. Bei mehreren Tausend Kontrollen stellten die Beamten in den drei Bezirken 570 Verstöße fest. Gegen einen 33-Jährigen, der nach eigener Aussage das Coronavirus verbreiten wollte, indem er einen Ticketautomaten und U-Bahn-Griffe ableckte, wird nun wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Ob er tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert ist, war zunächst unklar.
KONTROLLEN: Auch bei den Ordnungshütern verschieben sich die Prioritäten. Da Fort- und Weiterbildungen wegfielen, gebe es mehr Personal für den Streifendienst, erläuterte ein Sprecher der Hamburger Polizei. Wegen des veränderten Sozialverhaltens der Menschen gehe die Polizei auch davon aus, dass die allgemeine Kriminalität wie Diebstahl, Einbruch und Taschendiebstahl zurückgehen werde, auch wenn sich dies noch nicht mit Zahlen belegen lasse. »Wir legen unseren Fokus deshalb verstärkt auf Laden- oder Büroeinbrüche sowie Betrügereien mit Corona-Bezug«, sagte der Sprecher.
Die Polizei in Frankfurt setzt, wie auch die anderen Polizeipräsidien in Hessen, besonders auf Kommunikation. Wenn es Ansammlungen mit mehr als zwei Personen gebe, »sprechen wir die Leute an, um eine Lösung zu finden«, sagte der Sprecher.
SANKTIONEN: Nach dem Infektionsschutzgesetz sind grundsätzlich Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren oder Geldbußen bis zu 25 000 Euro vorgesehen. Was im Fall des Falles drohen würde, ist eine Frage der rechtlichen Ausgestaltung und natürlich auch des Ansatzes der jeweiligen Länder - und die unterscheiden sich zumindest im Tonfall.
Die Polizei setze »weiterhin auf den Dialog und das besonnene Verhalten der Bürgerinnen und Bürger«, heißt es etwa aus Schleswig-Holstein. Im Saarland hat Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) schon am Samstag scharfe Polizeikontrollen angekündigt. Laut Polizei sei damit gemeint gewesen, dass man nun nicht mehr nur den Zeigefinger erhebe, sondern eben auch im Fall der Fälle rechtliche Schritte einleite. (dpa)