BERLIN. Vertreter von Bundesregierung und Bundesländern haben das Auslaufen der kostenlosen sogenannten Bürgertests für die meisten Menschen zum Wochenbeginn verteidigt. Jeder habe die Möglichkeit gehabt, sich zu schützen und sich impfen zu lassen.
Man könne nun nicht mehr erwarten, dass Bürgertests auf Kosten der Allgemeinheit angeboten würden, sagte eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums am Montag. Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern bekräftigten bei gemeinsamen Beratungen zudem, dass Beschäftigte in Berufen mit Kundenkontakt, wenn sie nicht genesen oder geimpft sind, zu Tests verpflichtet werden können.
»Wir haben jetzt die Möglichkeit des Impfens, dann glaube ich, ist es konsequent, auch auf der anderen Seite zu sagen, dass wir die Kostenfreiheit von bestimmten Tests zurückfahren und die nicht mehr zu Lasten der Solidargemeinschaft abrechnen«, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) dem Bayerischen Rundfunk (BR24) zum Auslaufen der Gratistests zum Wochenbeginn.
Seit Anfang März hatte der Bund die Tests finanziert. In der Folge waren überall Testcenter entstanden: Imbissläden wurden zu Teststationen umfunktioniert, Anbieter fuhren mit Corona-Testbikes oder zu Testcentern umfunktionierten Transportern durch Städte. Seit Juli werden Zahlen zu den Bürgertests von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erhoben. Seitdem wurden demnach mehr als 45 Millionen solcher Tests gemacht, Kosten: rund eine halbe Milliarde Euro.
Gratis-Tests gibt seit diesem Montag in der Regel nur noch für Menschen, die sich nicht impfen lassen können, darunter Kinder unter 12 Jahren. Übergangsweise gilt das bis zum Jahresende auch noch für 12- bis 17-Jährige und Schwangere. Sie können sich nach Empfehlung der Ständigen Impfkommission nun zwar auch impfen lassen, es soll ihnen aber Zeit dafür gewährt werden. Wie viel die Testcenter nun von denjenigen verlangen, die zahlen müssen, ist regional sehr unterschiedlich.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, wies darauf hin, dass auch Menschen mit Symptomen oder einer »roten Corona-WarnApp« sich ebenfalls weiterhin kostenfrei beim Arzt testen lassen könnten. Kostenfrei bleibe die Testung auch für Besucher von Alten- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern.
Zur Frage, ob das Ende der kostenlosen Tests dazu führen könnte, dass die Zahl der entdeckten Corona-Ansteckungen zurückgeht, hieß es vom Bundesgesundheitsministerium, das müsse nicht zwingend der Fall sein, hänge auch vom Nutzerverhalten ab und sei schwer vorherzusagen. Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen hatte das Ende der Gratistests als zu früh bezeichnet. Dadurch würden mehr Infektionen unerkannt bleiben. »Wir laufen in eine Schattenpandemie.« Die AfD kritisierte eine »Ausgrenzung und Erpressung von Ungeimpften«. Der Schritt vertiefe die gesellschaftliche Spaltung, hieß es in einer Mitteilung der Fraktionschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla.
Die Gesundheitsministerinnen und -minister von Bund und Ländern konnten sich am Montag bei der Frage, ob Beschäfigte ohne Impf- oder Genesennachweis, die direkten Kundenkontakt haben, zu Tests verpflichtet werden können, nicht auf eine bundeseinheitliche Linie verständigen. Die Ressortchefs wiesen in einem gemeinsamen Beschluss lediglich darauf hin, dass dies nach Infektionsschutzgesetz bereits möglich ist und auf Landesebene erlassen werden könne.
Je nach Bundesland ist das auch schon der Fall: In Berlin sind beispielsweise Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter »mit körperlichem Kontakt zu Kundinnen und Kunden oder sonstigen Dritten« und Beschäftigte, »die als Funktionspersonal mit Publikumskontakt auf Veranstaltungen tätig sind«, zu Tests verpflichtet, wenn sie nicht geimpft oder genesen sind. In Baden-Württemberg gilt das für Mitarbeiter, die »direkten Kontakt zu externen Personen« haben, wenn sich die Corona-Lage verschärft und bestimmte Behandlungszahlen in den Kliniken überschritten werden. In Sachsen gilt eine Testpflicht für ungeimpfte oder nicht genesene Beschäftigte, die »direkten Kundenkontakt« haben, ab einem Inzidenzwert von 35.
Für viele Menschen bedeutet das Auslaufen der kostenlosen Bürgertests am Wochenbeginn jedoch zunächst keine Zusatzkosten. Denn Beschäftigte haben weiterhin ein Anrecht auf Tests vom Arbeitgeber. Laut Corona-Arbeitsschutzverordnung, die in ihrer derzeitigen Form bis 24. November gilt, müssen Arbeitgeber zwei Tests pro Woche anbieten. (dpa)
Überblick der Bundesregierung zu Corona-Tests
Bund-Länder-Beschluss vom 10. August
Test-Verordnung im Bundesanzeige (21. September)
Kassenärztliche Bundesvereinigung zu abgerechneten Bürgertests