BERLIN. Der Ältestenrat des Bundestags befasst sich an diesem Donnerstag mit der Besetzung der Treppe des Reichstagsgebäudes durch Demonstranten gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen am vergangenen Samstag.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hatte anschließend den Sicherheitskräften gedankt, die Schlimmeres verhindert hätten. Zugleich erklärte er: »Dass es allerdings überhaupt dort, wo früher die Bannmeile schützte, zu diesem Angriff kommen konnte, muss schnell und umfassend aufgearbeitet werden.«
In der ZDF-Sendung »Markus Lanz« sagte der CDU-Politiker am Mittwochabend: »Reichskriegsflaggen vor dem Parlament sind eine Schande.« Die Polizei habe es schwer gehabt. »Sie hat es insgesamt im Wesentlichen auch gut gemacht.« Schäuble betonte, die Demokratie lebe von unterschiedlichen Meinungen. Diese müssten auch ausgetragen werden, auch mit Demonstrationen. »Aber es muss sich alles im Rahmen halten. Und am Samstag ist der Rahmen gesprengt worden, und die Regeln wurden verletzt.«
Am Samstagabend hatten etwa 300 bis 400 Demonstranten Absperrgitter am Reichstagsgebäude überrannt und sich lautstark vor dem verglasten Besuchereingang aufgebaut. Dabei wurden vor dem Sitz des Bundestags auch schwarz-weiß-rote Reichsflaggen geschwenkt. Die Polizei drängte die Menschen schließlich auch mit Hilfe von Pfefferspray zurück.
Der Vorfall erregte über die Parteigrenzen hinweg Empörung. »Wir dulden keine antidemokratische Hetze und keine Herabwürdigung der Bundesrepublik Deutschland am Bundestag«, sagte zum Beispiel Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Zudem wurde der Ruf nach einem besseren Schutz des Reichstagsgebäudes laut.
CSU-Chef Markus Söder sprach sich gegen eine Bannmeile für das Regierungsviertel in Berlin aus. »Der Reichstag sollte besser geschützt werden. Aber es braucht wohl keine Bannmeile«, sagte Söder der »Passauer Neuen Presse« (Donnerstag). Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass man Menschen vom Parlament fernhalten wolle.
An der Aktion waren unter anderem sogenannte Reichsbürger, die den deutschen Staat und seine Institutionen ablehnen, sowie Rechtsradikale beteiligt. Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang sagte der Deutschen Presse-Agentur: »Rechtsextremisten und Reichsbürgern ist es gelungen, einen Resonanzraum zu besetzen, wirkmächtige Bilder zu erzeugen und so das heterogene Protestgeschehen zu instrumentalisieren.«
Der Ältestenrat besteht aus dem Bundestagspräsidenten, seinen Stellvertretern und 23 weiteren, sehr erfahrenen Abgeordneten wie den Ersten Parlamentarischen Geschäftsführern der Fraktionen. Seine Aufgabe ist es, den Bundestagspräsidenten bei seiner Arbeit zu unterstützen und für einen reibungslosen Arbeitsablauf im Bundestag zu sorgen. (dpa)