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Zoff um Novemberhilfen: Fallen viele Firmen durchs Raster?

Der Teil-Lockdown geht in die zweite Woche. Noch immer aber ist unklar, ab wann die angekündigten Hilfen für Firmen ausbezahlt werden. Warum Länder und Verbände Sturm gegen die Vorgaben des Bundes laufen.

Peter Altmaier
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erreichen Warnungen aus den Ländern, die Novemberhilfen rasch auszuzahlen und zu viel Bürokratie zu vermeiden. Foto: Fabian Sommer/dpa
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erreichen Warnungen aus den Ländern, die Novemberhilfen rasch auszuzahlen und zu viel Bürokratie zu vermeiden. Foto: Fabian Sommer/dpa

BERLIN. Nicht kleckern, sondern klotzen - das war die Ansage der Bundesregierung bei den Novemberhilfen. Mit rund 10 Milliarden Euro will der Bund Firmen helfen, die im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus ihr Geschäft dicht machen müssen.

Doch nun gibt es zunehmend Zoff zwischen Ländern und Bund: Drohen viele Unternehmen durchs Raster zu fallen? Immer mehr Länder fordern Nachbesserungen, vor allem beim Umfang der Hilfen für indirekt betroffene Firmen.

In einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warnten seine Amtskollegen aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein zudem vor zu viel Bürokratie und Verzögerungen bei der Auszahlung der Zuschüsse. Das Bundeswirtschaftsministerium reagierte am Montag kühl: Die Länder seien von Anfang an in die Beratungen eingebunden. Die Novemberhilfen seien ein Bundesprogramm, finanziert aus Bundesgeldern. Das lässt sich übersetzen mit der Botschaft: Wer zahlt, bestimmt. Worum es geht:

ZIEL DER NOVEMBERHILFEN

Die Novemberhilfen bekommen vor allem Firmen, die wegen behördlicher Anordnungen dicht machen mussten - also direkt betroffen sind. Das sind Kneipen und Restaurants, Freizeit- und Kultureinrichtungen - sowie Hotels, die keine Touristen mehr aufnehmen dürfen und Solo-Selbstständige wie Künstler, die keine Aufträge mehr reinbekommen. Es sollen Zuschüsse in Höhe von 75 Prozent des durchschnittlichen Umsatzes im November 2019 gewährt werden. Für Solo-Selbstständige - Ein-Personen-Betriebe ohne Angestellte wie Künstler - und junge Firmen gibt es Ausnahmen bei den Vergleichswerten.

STREIT UM DIE INDIREKT BETROFFENEN

Streit gibt es vor allem um Firmen, die indirekt betroffen sind - die also nicht schließen mussten, deren Geschäfte aber dennoch unter dem Teil-Lockdown heftig leiden. Sie müssen aber nach den Vorgaben des Bundes »nachweislich und regelmäßig« 80 Prozent ihrer Umsätze mit direkt von den Schließungen betroffenen Unternehmen erzielen. Als Beispiel nannten Bundeswirtschafts- und Finanzministerium eine Wäscherei, die vorwiegend für Hotels arbeitet.

An diesem Punkt setzt nun die Kritik der Länder an. In Orten, in denen selbst in der Nebensaison noch mehr Touristen als Einheimische in den Fußgängerzonen seien, seien auch Einzelhändler mittelbar betroffen von geschlossenen Hotels, heißt es im Brief an Altmaier. Viele indirekt betroffene Unternehmen machten außerdem weniger als 80 Prozent ihrer Umsätze mit Firmen, die schließen mussten - sondern mit Endkunden, wie zum Beispiel Bekleidungsgeschäfte in Kurorten, denen nun die Kunden ausblieben.

Auch der Handelsverband Deutschland (HDE) schlug am Montag Alarm: Innerstädtische Einzelhändler hätten in der ersten November-Woche einen massiven Rückgang der Kundenzahlen und deutlich sinkende Umsätze verzeichnet. »Die Bundesregierung hat mit ihrem Lockdown light eine Situation geschaffen, in der der innerstädtische Einzelhandel bei offenen Ladentüren finanziell ausgehungert wird«, kritisierte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Auch Einzelhändler müssten ins Nothilfeprogramm aufgenommen werden. Das Taxigewerbe oder die Reisewirtschaft hatten ebenfalls schon moniert, viele Firmen fielen durch den Rost des November-Hilfspakets.

Die Länderminister schlugen nun eine andere Berechnung vor: »Praktikabel und fair« wäre es, die Hilfen allein nach deutlich gesunkenen Novemberumsätzen zu bemessen, zum Beispiel von 80 Prozent. Das würde den Kreis der indirekt betroffenen Firmen, die Staatshilfen bekämen, deutlich erhöhen, der Bund müsste das Paket dann vermutlich auch finanziell aufstocken

WANN DIE HILFEN KOMMEN SOLLEN

Der Streit zwischen Bund und Länder könnte die Hilfen verzögern. Altmaier hatte angekündigt, es sollten so schnell wie möglich Abschlagszahlungen erfolgen, möglichst bis Ende November. Das Wirtschaftsministerium arbeitet derzeit daran, für die Novemberhilfen die bestehende IT-Plattform für Überbrückungshilfen zu programmieren.

Wie bei den Überbrückungshilfen sollen die Anträge von einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer gestellt werden, um Missbrauch vorzubeugen. Eine Ausnahme geben soll es aber für Soloselbstständige, die nicht mehr als 5000 Euro Förderung beantragen - sie sollen die Anträge direkt stellen können.

Das aber droht die Länder zu überfordern, wie aus dem Brief der Minister Bernd Buchholz (Schleswig-Holstein/FDP), Volker Wissing (Rheinland-Pfalz/FDP) sowie Andreas Pinkwart (NRW/FDP) hervorgeht. Ein direktes Stellen der Anträge durch Soloselbständige müsse unbedingt vermieden werden, heißt es: »Nach den Erfahrungen mit mehreren zehntausend Massenanträgen wissen wir, dieser Punkt legt uns das gesamte Verfahren lahm.« Das Bundeswirtschaftsministerium dagegen bat die Länder zu prüfen, ob bei den zuständigen Behörden mehr Personal eingesetzt werden könne.

Die Zeit dränge, machte der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband klar. Die Novemberhilfen müssten schnell und unbürokratisch kommen: »Unsere Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand. Jeder Tag zählt.« (dpa)