MÜNCHEN. Große Versicherer kommen ihren Kunden in der Corona-Krise entgegen. Der Marktführer Allianz erweitert in mehreren Bereichen den Umfang seiner Policen, und will sich bei Zahlungsschwierigkeiten seiner Kunden kulant zeigen.
»Die Botschaft ist: Wir sind da«, sagte Bernd Heinemann, Vorstandsmitglied der Allianz Deutschland, der Deutschen Presse-Agentur. Das Münchner Unternehmen hat in Deutschland mehr als 20 Millionen Kunden, Nummer zwei ist die Generali-Gruppe mit 10 Millionen. Der italienische Konzern richtet nun auch in Deutschland einen Nothilfefonds in Höhe von 30 Millionen Euro ein, der vor allem für Firmenkunden und »junge Geschäftspartner« gedacht ist, wie die ebenfalls in der bayerischen Landeshauptstadt beheimatete deutsche Generali mitteilte.
»Wir machen zweimal in der Woche ein Online-Panel zu den Themen, die für die Menschen derzeit wichtig sind«, sagte Allianz-Vorstand Heinemann. »Ein Drittel sagt, dass ihre Lage sich verschlechtert hat oder sich in Zukunft verschlechtern wird.«
Der Branchenprimus will sich großzügig zeigen: »Wir haben bei einigen Dingen Deckungserweiterungen vorgenommen«, sagte Heinemann. So seien in Familien nun alle Kinder zu Hause ohne Zusatzkosten unfallversichert. »Das gilt für alle Allianz-Kunden, ob Sachversicherung, Kranken oder Leben.« In der Kfz-Versicherung lockert die Allianz die branchenüblichen Beschränkungen, wer ein Auto fahren darf: Der Fahrerkreis wird um Angehörige und freiwillige Helfer erweitert, wie Heinemann sagte. »Und da es Urlauber gibt, die im Ausland festsitzen, haben wir die Geltungsdauer der Reisekrankenversicherung für diese Kunden bis zur endgültigen Rückkehr nach Deutschland verlängert.«
Eine Ausweitung der Deckung gibt es auch für Ärzte, die bei der Versorgung von Corona-Patienten helfen. So gilt die Haftpflicht nun auch, wenn Mediziner über ihre normale Tätigkeit hinaus die ambulante Untersuchung oder Versorgung von Corona-Verdachtsfällen übernehmen. Und umgekehrt können laut Heinemann in der Arzthaftpflicht stationäre Tätigkeiten ambulanter Ärzte ohne Beitragszuschlag mitversichert werden, wenn sie wegen des neuen Coronavirus in Anlaufstellen, Schwerpunktzentren oder Krankenhaus helfen.
»Wenn Kunden in Zahlungsschwierigkeiten geraten, bieten wir individuelle Lösungen an«, sagte der Allianz-Manager. »Das kann eine Stundung der Beiträge sein oder auch eine vorübergehende Änderung des Versicherungsumfangs. Wir passen das laufend an.« Bisher gebe es allerdings noch nicht viele konkrete Anfragen. Die Pandemie hat die Arbeit des Versicherers nach Heinemanns Angaben bisher nicht beeinträchtigt: »Die Firma funktioniert ganz normal, obwohl 90 Prozent unserer Mitarbeiter im Homeoffice sind.«
Auf einen Punkt legt die Allianz Wert: »Wir zahlen selbstverständlich unsere Miete weiter - und zwar sowohl für die Standorte des Allianz Innendienstes als auch für die Geschäftsstellen«, sagte Heinemann. Vor einer Woche hatte sich Adidas großen Ärger eingehandelt, weil der finanzstarke Sportartikelhersteller für seine Läden keine Miete mehr zahlen wollte. Adidas hat das mittlerweile rückgängig gemacht.
Die Generali-Gruppe hatte Mitte März die Gründung eines internationalen Hilfsfonds in Höhe von 100 Millionen Euro angekündigt. Die für Deutschland vorgesehenen 30 Millionen sind Teil dieses Programms. »Im Rahmen unserer globalen Initiativen werden wir unseren Kunden - mit Schwerpunkt auf kleinen Unternehmen wie Restaurants und Hotels - sowie unseren jungen Geschäftspartnern, die von Sperrmaßnahmen betroffen sind, eine außerordentliche finanzielle Unterstützung zukommen lassen«, sagte Deutschland-Chef Giovanni Liverani.
Auch der größte öffentliche Versicherer in Deutschland, der Konzern Versicherungskammer, will einer Kundengruppe besonders entgegenkommen: Gastronomen und Hoteliers, wie das Münchner Unternehmen mitteilte. Kunden, die eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen haben, will das Unternehmen einen Teil ihrer Ausfälle ersetzen, obwohl diese Policen eigentlich nicht für Pandemien gelten. Die Versicherungskammer gehört mehrheitlich den Sparkassen. (dpa)