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Aktuell Pandemie

Streit um 2G-Regel im Einzelhandel verschärft sich

Der Handel fordert nach einem Gerichtserfolg in Niedersachsen ein bundesweites Ende der Einschränkungen für Ungeimpfte. Die Bundesregierung denkt gar nicht daran.

2G-Regel
Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat die erst seit kurzem geltende 2G-Regel im Einzelhandel in Niedersachsen gekippt. Foto: Assanimoghaddam/dpa
Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat die erst seit kurzem geltende 2G-Regel im Einzelhandel in Niedersachsen gekippt.
Foto: Assanimoghaddam/dpa

BERLIN. Nach der gerichtlich angeordneten Aufhebung der 2G-Regel im Einzelhandel in ganz Niedersachsen verschärft sich der Streit um die coronabedingten Zugangsbeschränkungen in den deutschen Einkaufsstraßen und Shopping-Centern.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) forderte die Politik am Freitag auf, nun »2G im Handel hinter sich zu lassen«. Die Bundesregierung hielt dagegen ausdrücklich an den Zugangsverboten für Ungeimpfte in weiten Teilen des Einzelhandels fest. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sagte, es mache weder epidemiologisch noch gesundheitspolitisch Sinn, solche Regeln jetzt zu kippen. Dies gelte insbesondere wegen der bevorstehenden Welle mit der neuen Virusvariante Omikron.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hatte am Donnerstag nach einer Klage der Kaufhauskette Woolworth die 2G-Regel im Einzelhandel des Bundeslandes gekippt. Die Maßnahme sei zur weiteren Eindämmung des Coronavirus nicht notwendig und auch nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar, entschied das Gericht. Bund und Länder hatten am 2. Dezember beschlossen, dass bundesweit und unabhängig von der Inzidenz 2G im Einzelhandel gelten soll. Ausnahmen von der 2G-Regel gelten für Geschäfte des täglichen Bedarfs, also etwa Supermärkte und Drogerien.

Erhebliche Konsequenzen nach Gerichtsurteil

Das Urteil der niedersächsischen Verwaltungsrichter hat erhebliche Konsequenzen. Denn von einer bundesweit einheitlichen Strategie bei der Corona-Bekämpfung im Einzelhandel kann damit erst einmal keine Rede mehr sein. Im niedersächsischen Osnabrück dürfen Ungeimpfte jetzt wieder in allen Geschäften einkaufen, im 50 Kilometer entfernten nordrhein-westfälischen Bielefeld bleiben ihnen Warenhäuser und Elektronikmärkte weiter verschlossen.

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil warnte deshalb bereits, dass nun vermehrt Menschen ohne Corona-Impfung ins Land kommen könnten. Niedersachsen habe mit dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg jetzt eine Sonderrolle in Deutschland, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. »Alle anderen Länder haben 2G im Einzelhandel. Ich hoffe nicht, dass das zu einem Einkaufstourismus der besonderen Art führt, weil ungeimpfte Menschen in Niedersachsen shoppen gehen können.«

Über neue Corona-Auflagen für die Geschäfte werde die Landesregierung jetzt sehr kurzfristig entscheiden, kündigte Weil an. »Ich kann ausschließen, dass es so weitergeht wie bisher nur ohne 2G.« Eine überarbeitete Corona-Regelung zum Einzelhandel in Niedersachsen soll es in der ersten Hälfte der kommenden Woche geben. Denkbar könnte etwa eine 3G-Regel sein, womit nicht geimpfte Menschen einen negativen Test bräuchten.

Genth: Alle Bundesländer sollten 2G hinter sich lassen

Der HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth forderte unterdessen die Politik zur Abkehr von 2G auf. »Hygienekonzepte, Abstand und die Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken reichen nicht nur in Niedersachsen, sondern unabhängig vom Bundesland aus, um Infektionen im Einzelhandel zu verhindern«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. »Daher müssen jetzt andere Landesregierungen nachziehen, die geltenden Verordnungen überarbeiten, damit 2G im Handel hinter sich lassen und sich gemeinsam für eine bundesweite Lösung einsetzen.«

Das niedersächsische Urteil gebe hier die Richtung vor, sagte Genth. Allerdings ist auch die Justiz noch uneinig über die Corona-Beschränkungen. In Schleswig-Holstein war ein Eilantrag von Woolworth gegen die 2G-Regel vom zuständigen Gericht erst kürzlich abgelehnt worden. Die Länder Hessen und Sachsen erklärten bereits, weiter an der 2G-Regel festhalten zu wollen. (dpa)