BRÜSSEL. Der milliardenschwere Wiederaufbauplan für Europa nach der Corona-Krise beschäftigt am Dienstag Bundesfinanzminister Olaf Scholz und seine EU-Kollegen.
Die Wirtschafts- und Finanzminister beraten unter anderem, wie viel Geld zum wirtschaftlichen Neustart nach der Pandemie konkret gebraucht wird und ob Krisenstaaten im Gegenzug für Hilfen Reformen zusagen müssen.
Die EU-Kommission hatte Ende Mai vorgeschlagen, den geplanten siebenjährigen EU-Haushaltsrahmen in Höhe von 1,1 Billionen Euro durch ein schuldenfinanziertes Investitionsprogramm im Umfang von 750 Milliarden Euro zu ergänzen. Das Geld soll im Namen der EU am Kapitalmarkt aufgenommen und später über Jahrzehnte zurückgezahlt werden. Von der Gesamtsumme sollen nach Vorstellungen der Kommission 500 Milliarden Euro als Zuschüsse an die EU-Staaten gehen, der Rest als Kredite.
Deutschland trägt den Vorschlag grundsätzlich mit, doch gibt es im Kreis der 27 Staaten viele Streitpunkte. So haben Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden Einspruch dagegen erhoben, dass das schuldenfinanzierte Geld zum Großteil als Zuwendungen verteilt wird. Umstritten ist auch, wie schnell die gemeinsamen Schulden beglichen werden - die EU-Kommission will erst 2028 damit anfangen und die Tilgung über 30 Jahre strecken.
Für Debatten sorgt die Frage, nach welchen Kriterien das Geld verteilt wird, zum Beispiel Tiefe der Rezession oder Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Zudem ist die Forderung nach Reformzusagen und einer möglichen Überwachung dieser Versprechen heikel. Einige nördliche Länder fordern das, während südliche Staaten möglichst freie Hand beim Einsatz der Gelder wollen.
Die Milliarden sollen vor allem den von der Pandemie besonders hart getroffenen Staaten wie Italien und Spanien wirtschaftlich wieder auf die Beine helfen. Allein für Italien sind rund 173 Milliarden Euro als Zuwendungen und Kredite reserviert, für Spanien 140 Milliarden Euro. Wegen Corona steht die gesamte EU vor einem beispiellosen Wirtschaftseinbruch. Die Europäische Zentralbank (EZB) geht allein für den Euroraum in diesem Jahr von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 8,7 Prozent aus.
Die EU-Staaten hatten bereits Anfang April ein Hilfspaket mit 540 Milliarden Euro für Kurzarbeiter, Unternehmen und verschuldete Staaten geschnürt, allerdings ausschließlich als Kredite. Über die neuen Vorschläge der EU-Kommission beraten in den nächsten Tagen diverse Ministerräte, bevor sich am 19. Juni die EU-Staats- und Regierungschefs damit befassen. Eine Entscheidung wird frühestens bei einem Gipfel im Juli erwartet. (dpa)