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Düstere Zeiten für die Innenstädte: Die Kunden bleiben aus

Corona hin oder her: Auch in diesem Jahr werden die Verbraucher für das Weihnachtsfest wieder tief in die Tasche greifen. Doch profitieren dürfte vor allem der Onlinehandel. Viele Innenstadt-Händler kämpfen dagegen ums Überleben.

BERLIN. Alarmstimmung im Einzelhandel: Die Verbraucher hamstern im Corona-Herbst zwar wieder Toilettenpapier und stocken die Vorräte an Desinfektionsmitteln auf. Doch in den Einkaufsstraßen vieler Innenstädte herrscht gähnende Leere.

Die Schließung von Kneipen, Restaurants, Kinos, Theatern und Fitnessstudios lässt auch die Besucherzahlen in Modeläden, Buchhandlungen und Elektronikmärkten schrumpfen.

Besonders für den Bekleidungshandel sei die Lage »sehr dramatisch«, warnte am Donnerstag der Präsident des Handelsverbandes Textil (BTE), Steffen Jost. In den ersten Tagen der verschärften Corona-Regeln seien von den Geschäften Umsatzeinbrüche von bis zu 80 Prozent gemeldet worden. Jost, der selbst fünf Modegeschäfte betreibt, malte ein düsteres Bild: Es drohe ein erhebliches Ladensterben. »Das Gesicht vieler Städte wird sich massiv verändern. Manche Innenstädte wird es unter Umständen nicht mehr geben.«

Allein steht er mit dieser Einschätzung nicht. »Der Handel in den Innenstädten darf zwar öffnen, gleichzeitig appelliert die Politik aber an die Kunden, zu Hause zu bleiben. In der Folge können die Geschäfte mit Blick auf extrem sinkende Kundenfrequenzen vielerorts wirtschaftlich nicht mehr überleben«, urteilte auch der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth. Bis zu 50.000 Geschäfte seien in ihrer Existenz gefährdet, warnte er.

Dabei ist die Konsumstimmung in Deutschland eigentlich gar nicht so schlecht. Trotz Corona rechnet der HDE in diesem Jahr im Weihnachtsgeschäft mit Umsätzen von rund 1,4 Milliarden Euro. Das entspräche einem Plus von 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Nach einer repräsentativen HDE-Umfrage wollen die Bundesbürger - Corona hin oder her - in diesem Jahr pro Kopf ähnlich viel für Weihnachtsgeschenke ausgeben wie 2019: nämlich rund 245 Euro pro Kopf. Doch dürfte ganz anders eingekauft werden als noch vor einem Jahr. Mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) gab an, sie werde in diesem Jahr »wegen der Coronakrise seltener für Weihnachten einkaufen gehen«. Und immerhin 44 Prozent kündigten an, sie würden die »Weihnachtseinkäufe verstärkt online tätigen«.

Profitieren dürfte von der ungebrochenen Kauflust deshalb vor allem der Onlinehandel. »Die Kunden kaufen auch in der Corona-Krise Geschenke, sie shoppen, aber deutlich mehr online und gehen seltener in die Innenstädte«, sagte Genth. Im Onlinehandel erwartet der HDE deshalb im Weihnachtsgeschäft Umsatzsteigerungen um 19 Prozent auf 17,5 Milliarden Euro. Mit guten Geschäften rechnen demnach auch Möbelhändler, Baumärkte und der Lebensmittelhandel.

Ganz anders ist das Bild in den Innenstädten. Einer Umfrage des HDE zufolge rechnen dort mehr als 80 Prozent der Mode- und Schuhhändler, aber auch rund 60 Prozent der Spielwaren- und Schmuckhändler im November mit deutlichen Umsatzeinbußen durch die Kontaktbeschränkungen und Schließungen. Dabei ist der November für das Weihnachtsgeschäft fast genauso wichtig wie der Dezember.

Der HDE forderte die Bundesregierung angesichts der Branchenprobleme auf, ihr aktuelles Nothilfeprogramm für geschlossene Gastronomie- und Hotelbetriebe auch für Einzelhändler zu öffnen und die Schwelle für den Bezug von Überbrückungshilfen durch den Einzelhandel zu senken. Die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg, Sabine Hagmann, appellierte außerdem an die Verbraucher: »Gehen Sie einkaufen!«

Doch scheinen die meisten Verbraucher derzeit beim Shoppen ganz etwas anderes im Kopf zu haben, als die Weihnachtsgeschenke für ihre Liebsten. Schon vor dem jüngsten Herunterfahren begannen sie nach einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes damit, sich erneut mit Toilettenpapier, Desinfektionsmitteln und Backwaren einzudecken. In den letzten beiden Oktoberwochen wurde nach Angaben der Statistiker rund doppelt so viel Klopapier gekauft wie im Durchschnitt der Vorkrisenmonate August 2019 bis Januar 2020. Auch die Nachfrage nach Desinfektionsdmitteln, Mehl, Hefe und Zucker stieg deutlich. Über Hamsterkäufe von Weihnachtsgeschenken wurde nichts bekannt. (dpa)