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Bund prüft Wiedereinreise von chinesischen Touristen

Neuschwanstein und München waren beliebte Ziele chinesischer Reisegruppen. Nach der Corona-Pause wird international die Rückkehr der Touristen aus der Volksrepublik erwartet. Ausgenommen: Deutschland.

Touristenhochburg Neuschwanstein
Touristen stehen auf einer Aussichtsplattform unterhalb des Schlosses Neuschwanstein. Foto: picture alliance
Touristen stehen auf einer Aussichtsplattform unterhalb des Schlosses Neuschwanstein.
Foto: picture alliance

Die Bundesregierung prüft als Nachzügler in Europa die Aufhebung einer der letzten coronabedingt eingeführten Beschränkungen: die Einreisesperre für chinesische Touristen. »Über eine vollständige Aufhebung dieser letzten noch bestehenden Einreise- und Visabeschränkungen für touristische Zwecke wird derzeit beraten«, heißt es im Auswärtigen Amt in Berlin. Bereits am 1. März hatte die Bundesregierung zwar die coronabedingten Beschränkungen der Einreise aus China weitgehend aufgehoben. Zudem fallen seit dem 7. April auch die letzten Corona-Bestimmungen auf Basis des Infektionsschutzgesetzes in Deutschland weg. Doch die Einreisesperre für Touristen aus China bleibt weiterhin bestehen.

Am Dienstag fliegt Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach China. Der Tourismus könnte ein Thema sein, wenn auch angesichts der wachsenden Differenzen sicher nicht das bedeutendste. Vor der Pandemie waren Chinesen in Touristenhochburgen von Bali über Hawaii bis Neuschwanstein und Venedig ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, da sie außerordentlich viel Geld ausgaben: 2019 waren es nach Schätzungen der US-Bank Citi rund um den Globus 200 Milliarden Dollar.

Wichtige Marken

In den Diskussionen mancher chinesischer Besucher schien Europa dementsprechend weniger ein Kontinent historischer Sehenswürdigkeiten denn gigantisches Einkaufszentrum für »mingpai«. Das chinesische Wort für »berühmte Marken« umfasst neben Chanel, Louis Vuitton und Gucci auch Erzeugnisse des deutschen Sprachraums: Schweizer Rolex-Uhren und österreichisches Kristallglas von Swarowski zählen ebenso dazu wie Adidas-Schuhe, WMF-Pfannen und Zwilling-Besteck.

Insofern hoffen Hoteliers, Gastronomen und Ladenbesitzer in den gern von Chinesen besuchten Reisezielen nach drei Jahren Corona-Zwangspause sehnsüchtig auf deren Rückkehr.

Die Schweiz und Österreich waren in dieser Hinsicht schneller als Deutschland: Die österreichischen Vertretungen in China nehmen laut Außenministerium in Wien alle Visaanträge an, einschließlich jener von Touristinnen und Touristen.

Die Schweiz verfuhr bei den Corona-Beschränkungen ohnehin sehr viel liberaler. Seit Anfang Mai 2022 gibt es dort keine pandemiebedingte Einreisebeschränkungen mehr. Und schon vorher war bei Vorlage eines Impfnachweises auch Touristen aus Corona-Risikoländern die Einreise erlaubt, wie ein Sprecher des Departements für auswärtige Angelegenheiten in Bern erläutert.

Werbung für Reisen

Dementsprechend gibt es in China derzeit auch wieder Werbung für Reisen nach Europa. Die Schweiz und Österreich finden sich im Angebot, ebenso Frankreich und Italien und Großbritannien, aber auch die norwegischen Fjorde und Island.

Doch Deutschland fehlt bei den angebotenen Zielen weitgehend, wie etwa auf den Webseiten der Niederlassungen des großen Reiseveranstalters CITS in Shanghai und Peking nachzulesen ist. Tatkräftig Reklame macht CITS derzeit für ein Land, das in früheren Jahren keine große Rolle in chinesischen Reiseträumen spielte, das aber in der Pekinger Propaganda zu den Freunden Chinas zählt: Russland.

Die deutsch-chinesische Einreisesperre war wechselseitig, auch China stellte lange keine Touristenvisa für Besucher aus Deutschland aus. Nach Angaben auf der Webseite der chinesischen Botschaft in Berlin ist das von Peking mittlerweile aufgehoben.

2019 zählte das Statistische Bundesamt 1,5 Millionen Besucher aus China in Deutschland, 2022 waren es lediglich knapp 180.000. Auch wenn chinesische Touristen wieder ungehindert nach Deutschland einreisen könnten, ist eine Rückkehr zu alten Zahlen in diesem Jahr nicht zu erwarten.

Flugreisen

Der Flugverkehr zwischen beiden Ländern war zeitweise weitestgehend eingestellt, und auch in diesem Jahr werden es noch deutlich weniger Verbindungen sein als vor der Pandemie. So gab es im Sommer 2019 am Frankfurter Flughafen wöchentlich 66 Flüge nach China, derzeit sind es nach Angaben des Betreibers Fraport rund 32. Bis zum Ende des Sommerflugplans könnten es wieder rund 45 Abflüge sein, das wären nach wie vor erheblich weniger als vor der Pandemie.

Am zweitgrößten deutschen Flughafen in München sieht es ähnlich aus: »Im Sommer 2019 hatte Lufthansa eine tägliche Verbindung von München jeweils nach Peking, Shanghai und Hongkong«, sagt eine Sprecherin. »Zudem flog Air China täglich von München nach Peking und dreimal wöchentlich nach Shanghai.« Seit 1. April fliegt die Lufthansa von der bayerischen Landeshauptstadt wieder dreimal wöchentlich nach Shanghai, doch die Route nach Peking soll erst im Juli wieder aufgenommen werden.

Europas größte Hotelgruppe ist der französische Accor-Konzern, der in diesem Jahr mit der vermehrten Rückkehr überseeischer Gäste rechnet. »Im Vergleich zum ersten Quartal 2022 haben sich die Buchungen von Gästen aus Übersee extrem erholt, sind allerdings noch nicht auf Vorkrisenniveau«, sagt eine Sprecherin der deutschen Accor-Gesellschaft in München.

Für die zahlungskräftigen chinesischen Touristen gilt das aber nur eingeschränkt: »Verschiedene Faktoren wie etwa die relativ späte Wiedereröffnung der chinesischen Grenze, Visa-Regularien oder veränderte Flugkapazitäten wirken sich aber natürlich auf Reisende aus Übersee aus.«

© dpa-infocom, dpa:230410-99-263645/2