Beim Ausbau von Windrädern an Land ist aus Sicht der Branche ein Ende der Flaute in Sicht. In den ersten drei Monaten des Jahres gingen mehr neue Windräder ans Netz. Die Zahl der Windräder, die neu genehmigt wurden, wuchs im Vergleich zum Vorjahresquartal deutlich. Das ergab eine vorläufige Auswertung der Fachagentur Windenergie an Land, die der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Der Bundesverband Windenergie kritisierte allerdings einen »de facto Ausfall« der Südregion. Bayern und Baden-Württemberg hinkten beim Ausbau hinterher.
Von Januar bis Ende März gingen den Zahlen zufolge bundesweit 117 neue Windräder mit einer Gesamtleistung von 546 Megawatt in Betrieb. Das waren 17 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Die Zahl könne sich aber noch erhöhen, da noch bis Ende April Inbetriebnahmen nachgemeldet werden könnten, hieß es.
Eine deutliche Steigerung gab es bei den Genehmigungen.
Im ersten Quartal seien 295 Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 1,65 Gigawatt neu genehmigt worden. Gegenüber dem Vergleichsquartal des Vorjahres ist das ein Plus von 38 Prozent.
Süden hinkt hinterher
Die Genehmigung eines Windrads durch die zuständigen Behörden gilt als entscheidende Hürde. Danach gibt es eine Ausschreibung, danach den Bau eines Windrads. Nach Angaben des Bundesverbands Windenergie dauert es nach einer Genehmigung im günstigsten Fall im Durchschnitt 20 Monate, bis ein neues Windrad ans Netz geht.
Als weiterhin besorgniserregend bezeichnete der Verband aber die Entwicklung im Süden. Vom bisherigen Zubau- und Genehmigungsvolumen im Jahr 2023 entfielen beim Zubau lediglich 7,8 Prozent sowie bei den Genehmigungen nur 4,5 Prozent auf die Südregion. In Baden-Württemberg sei nur eine neue Anlage genehmigt worden, in Bayern nur zwei. NRW, Schleswig-Holstein und Niedersachsen trieben weiter im Wesentlichen sowohl den Zubau als auch das Volumen neuer Genehmigungen voran.
»Die Zunahme des Genehmigungsvolumens im Vergleich zum Vorjahr ist ein gutes Zeichen und stimmt positiv«, sagte der Präsident des Bundesverbandes, Hermann Albers, der Deutschen Presse-Agentur. Ziel müsse es sein, bis Ende des Jahres Anlagen im Umfang von 10 Gigawatt neu zu genehmigen. »Davon sind wir noch entfernt. Dass Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen trotz guter Voraussetzungen hinterherhinken, ist bedenklich. Auch in Hessen und Thüringen reißen Zubau und Genehmigungen ab. Der de facto Ausfall der Südregion ist ein Offenbarungseid für alle Verantwortlichen in diesen Bundesländern.« Es brauche dringend ein neues Bewusstsein.
Windenergie kommt Schlüsselrolle bei Klimazielen zu
Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr umfangreiche Maßnahmen beschlossen, um den Ausbau der erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne zu beschleunigen. Vor allem Windräder an Land sind vor Ort aber oft umstritten.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) strebt eine Vervierfachung des derzeitigen Ausbaus an. Dafür sollen nun noch weitere Hemmnisse abgebaut werden, wie Habeck vor rund zwei Wochen bei einem »Windgipfel« mit Vertretern der Energiebranche und Ländern sagte.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne spielt eine Schlüsselrolle, um Deutschlands Klimaschutzziele zu erreichen und unabhängiger zu werden von fossilen Energien wie Kohle und Gas. Im Jahr 2030 soll nach den Plänen der Bundesregierung 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen, derzeit ist es etwa die Hälfte. Der Strombedarf dürfte enorm steigen, durch Millionen von Elektroautos und Wärmepumpen.
Im vergangenen Jahr stieg zwar die Zahl der neu ans Netz gegangenen Windräder. Installiert wurden 551 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 2,4 Gigawatt. Die bisherigen Zubau- und Genehmigungszahlen genügen aber aus Sicht der Energiebranche bei weitem nicht, um die Ziele der Bundesregierung zu erreichen.
Der Bundesverband Windenergie beklagt seit langen ein Nord-Süd-Gefälle beim Ausbau der Windkraft. Im vergangenen Jahr stellten Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen nach Branchenangaben zusammen 77 Prozent des Zubaus. Für alle Länder wurden inzwischen verbindliche Flächenziele vereinbart.
© dpa-infocom, dpa:230409-99-256041/2